- Wirtschaft und Umwelt
- aufgefallen
Schädlicher Ablasshandel
Fluggesellschaften werben damit, Bahnunternehmen ebenso - klimaneutral reisen. Kann die Bahn noch versuchen, das durch Einsatz von Strom aus Wind- und Wasserkraft zu erreichen, bleibt beim Fliegen nur der Trick mit den sogenannten Ausgleichsmaßnahmen. In der Vergangenheit entzündete sich die Kritik in der Regel an der Art dieser Ausgleichsmaßnahmen, da deren langfristiger Klimaeffekt nicht selten zweifelhaft ist. Ein großer Umweltkongress in London Ende März befeuerte die Diskussion nun aufs Neue.
Der renommierte Klimaforscher Kevin Anderson vom britischen Tyndall Centre for Climate Change Research sollte eine der Sitzungen der Konferenz unter dem Titel »Planet Under Pressure« (»Planet unter Druck«) leiten. Die Veranstalter wollten dem Klima Gutes tun und planten bei den Kongressgebühren 35 Pfund Sterling (ca. 42 Euro) für Klimaausgleichsmaßnahmen ein. Der Kongress sollte, so die Veranstalter, »so klimaneutral wie möglich« stattfinden. Anderson, seit langem Kritiker solcher Ausgleichsmaßnahmen, beschloss, nicht teilzunehmen. Gegenüber dem Wissenschaftsjournal »Nature Climate Change« erläuterte er vergangene Woche die Gründe seiner Entscheidung. Zum einen bemängelt Anderson, dass die Veranstalter selbstverständlich die Anreise per Flugzeug voraussetzten, statt etwa klimafreundliche Beförderungsmittel vorzuschlagen und nach der Klimabelastung der Anreise gestaffelte Teilnahmegebühren zu erheben.
Zum anderen - diese Kritik trifft auch die eingangs erwähnten Fluggesellschaften - würden die CO2-Ausgleichsmaßnahmen den Eindruck vermitteln, damit sei alles erledigt und man könne problemlos von Kongress zu Kongress jetten. Das Ergebnis sei ein sich selbst verstärkender Kreislauf von immer mehr Reiseverkehr, der beständigen Vergrößerung von Flughäfen und Neubestellung weiterer Flugzeuge. Dabei wächst dann zwar auch das Geschäft mit Ausgleichsmaßnahmen, doch schneller noch steige die zusätzliche Emission von Treibhausgasen durch den Verkehr. Das gleicht dann auch die erfreuliche Effizienzsteigerung neuer Flugzeuge nicht mehr aus.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.