Erfahrung findet das Essen

Kommentar von Markus Drescher

  • Lesedauer: 2 Min.

Alter schützt vor Torheit nicht. Nicht vor der eigenen, aber auch ganz besonders nicht vor der Torheit der anderen, die Alter für Leistungsschwäche oder einen anderen Makel im Verwertungsprozess halten. Vor Diskriminierung wegen des (höheren) Alters sind dabei weder Arbeitnehmer noch, wie im vorliegenden Fall, ein Geschäftsführer gefeit. Genauso wenig wie die vielen Tausend Erwerbslosen, die nicht mehr aus Hartz IV rauskommen, weil sie jenseits der 50 sind. Deren Diskriminierung ist allzu offensichtlich, sie zu beweisen allerdings kaum möglich.

Ob nun Manager oder Hartz-IV-Betroffener: Zwar sind die Chancen sich zur Wehr zu setzen unterschiedlich, die Diskriminierung jedoch basiert auf der gleichen Einstellung und Praxis zum Alter. Es wird als Belastung gesehen. Nur das Junge gilt als dynamisch, erfolgshungrig und was sonst noch für Schlagworte im Geschäftsleben kursieren, die einen möglichst hohen Gewinn versprechen. Doch wer hungrig ist, weiß deshalb noch lange nicht, wie man etwas zu Essen findet. Sprich: Auch Erfahrung zählt, oder besser: sollte wieder viel mehr zählen. Genauso wie Jüngere die Chance haben müssen, einen Berufseinstieg zu schaffen, muss es Älteren ermöglicht werden, bis zum Rentenalter zu arbeiten - wenn sie das wollen und können natürlich. Denn hier tut sich ein weiteres Problem auf: die Rente mit 67. Bis zu diesem Alter zu malochen, ist in manchen Berufen einfach nicht machbar.

So gibt es hier eine paradoxe Situation: Ältere Erwerbslose wollen arbeiten, finden aber keine Arbeit. Ältere wollen arbeiten, werden aber durch Jüngere ersetzt. Andere können nicht mehr arbeiten, müssen aber solange wie möglich durchhalten, weil sonst die Rente zu gering ist und Altersarmut droht. Besonders vor dem Hintergrund der immer älter werdenden Gesellschaft ist es bisher noch nicht gelungen, die Arbeitswelt an die veränderten demografischen Bedingungen wie auch unterschiedliche Lebensentwürfe anzupassen. Statt sich etwa für Arbeitszeitverkürzung oder flexible Lebensarbeitszeiten einzusetzen, wird nach wie vor zu sehr an starren Modellen festgehalten. Und alles, was irgendwie nach vermeintlichem Nachteil für die Wirtschaft klingt, wird sobald keine reelle Chance haben. Solange müssen die Interessen der Beschäftigten hinter den Regeln des ruinösen internationalen Wettbewerbs zurückstehen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -