Protestarbeit

Standpunkt von Thomas Blum

  • Lesedauer: 2 Min.

Die Forderungen derer, die gestern mit den Gewerkschaften auf die Straße gingen, sind gewiss zu befürworten. Dennoch kann man sich zuweilen nur schwer des Eindrucks erwehren, dass manch ritualisierte Form des Demonstrierens gegen den kapitalistischen Alltagsbetrieb fast unbemerkt dieselben Züge angenommen hat wie eben dieser Alltagsbetrieb selbst: Wo das Marschieren zu den immergleichen Plätzen, das Tragen der Spruchbanner mit oft verwechselbaren Losungen und das Trillerpfeifentröten mit demselben Gleichmut verrichtet werden wie die Lohnarbeit, könnte man meinen, der Tag des Arbeitskampfes sei zum Tag der Protestarbeit mutiert. Gewerkschafter schwenken Fahnen und hören erstaunlich geduldig den Appellen zu, die im letzten Jahr beinahe wortgleich an derselben Stelle erklangen: Löhne rauf, Mieten runter, mehr Gerechtigkeit, weniger Ausbeutung. Freilich ist nichts an diesen Forderungen falsch und Anerkennung für alle, die den Mund aufmachen.

Doch die Formen des Widerstands können erstarren, und gut gemeint ist nicht immer gut. Kaum jemand hat das je so auf den Punkt gebracht wie die beiden jungen Revoluzzer, die sich schon vor einigen Jahren an der sogenannten revolutionären 1.Mai-Demonstration mit einem Transparent beteiligten, dessen Aufschrift wie keine andere dazu geeignet schien, die Linken daran zu erinnern, dass sie sich auf die Suche nach neuen Ideen begeben und ein paar Gedanken machen müssen zu Humor und Ästhetik. Auf dem Transparent war zu lesen: »Hier könnte Ihre Werbung stehen.«

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