Eröffnung BER abgesagt: Welche Folgen hat das für die Passagiere?
Welche Flüge sind von den Verzögerungen betroffen?
Betroffen sind alle Flüge deutscher und ausländischer Fluggesellschaften, die ab dem 3. Juni von und nach Berlin Brandenburg geplant waren. Täglich starten und landen an Berlins Flughäfen Tegel und Schönefeld bislang über 700 Flüge. Beide Flughäfen sollten aber zum Eröffnungstermin des BER geschlossen werden.
Mit dem neuen Flughafen haben viele Airlines ihr Angebot ausgebaut und dafür bereits Tickets verkauft. Finden diese Flüge nun überhaupt statt?
Der Betrieb in den bisherigen Flughäfen Schönefeld und Tegel geht weiter. In vielen Fällen wollen die Fluggesellschaften Flüge, die vom und zum neuen Großflughafen »Willy Brandt« geplant waren, nun über die beiden Airports Tegel und Schönefeld abwickeln. Deutschlands größte Fluggesellschaft Lufthansa verhandelt mit Tegel über entsprechende Zeitfenster für Starts und Landungen. Die Lufthansa will ab Juni ihr Streckenangebot ausweiten und insgesamt 49 Ziele anfliegen. Man werde ausschließlich nach Tegel ausweichen, wie Carsten Spohr, der Chef der Lufthansa-Fluggesellschaft, ankündigte. Das gelte auch für die geplanten neuen Flugrouten. »Für die Lufthansa kommt es nicht infrage, die Passagiere in Berlin auf zwei verschiedenen Flughäfen zu betreuen.« Im Falle von technischen Problemen werde man, wenn es sein muss, die Bordkarten per Hand ausstellen. Auch Air Berlin fliegt wie gewohnt vom Flughafen Tegel. Dagegen werden Germanwings und der Billigflieger Easyjet weiterhin alle Flüge von Berlin-Schönefeld abwickeln. Alle Fluggesellschaften gehen davon aus, dass die Flugpläne weitgehend unverändert bleiben.
Wo können sich betroffene Fluggäste informieren?
Die Airlines informieren auf ihren Internetseiten und über die Hotlines (siehe Kasten mit Servicenummern) über die möglichen Änderungen. Lufthansa richtet sich darauf ein, rund eine Million Fluggäste auf allen möglichen Wegen - bis hin per SMS auf dem Handy - über den neuen Abflugort und die neuen Abflugzeiten in Kenntnis zu setzen. Auch Air Berlin will alle betroffenen Fluggäste über ihre Flüge persönlich informieren. Übereinstimmend stellen die Airlines heraus, dass sie an ihren bisherigen zeitlichen Flugplänen festhalten und die Fluggäste deswegen Planungssicherheit haben.
Kann der Flughafen Tegel diesen höheren Bedarf überhaupt verkraften?
Bei der Lufthansa mit täglich etwa 20 000 Fluggästen geht man davon aus, dass andere Fluggesellschaften ab Anfang Juni nach Schönefeld umziehen, um Platz für die anderen Airlines zu schaffen. Derzeit starten und landen auf Berlins Flughäfen über 700 Flugzeuge. Lufthansa und Air Berlin stehen zurzeit auch in Verhandlungen mit dem Flughafen Tegel über zusätzliche Starts und Landungen. Derzeit gilt für Tegel ein Nachflugverbot zwischen 23 und 6 Uhr. Beide Airlines wollen für eine befristete Übergangsphase eine Verkürzung des Verbots auf 24 bis 5 Uhr beantragen. Dabei soll dieser Zeitraum nicht exzessiv genutzt werden, sondern sich auf tatsächlich notwendige Flugbewegungen beschränken.
Steht den Fluggästen eine Entschädigung zu, wenn sie statt vom BER nun in Tegel oder Schönefeld starten oder landen?
Nein. Die Qualität des Flughafens ändert nichts an der Qualität des Fluges. Allerdings kann der Fluggast gegenüber der Airline oder dem Reiseveranstalter Kosten für höhere Anfahrtkosten geltend machen. Reiserechtsexperten raten dazu, entsprechende Unterlagen wie Taxibescheinigungen oder Kilometernachweise aufzubewahren. Allerdings ändert sich die rechtliche Situation, wenn durch die ganzen Umstände Flüge ausfallen oder sich massiv verspäten sollten. Dann haben die Fluggäste Ansprüche aus der EU-Fluggastverordnung 261/2004.
Wie verhält es sich mit den Fluggastrechten bei Annullierungen und Umbuchungen?
»Natürlich werden wir uns bei Umbuchungswünschen in dieser Situation kulant zeigen«, so der Chef der Lufthansa-Fluggesellschaft, Carsten Spohr, in einem Interview. Der Rechtsexperte Dr. Philipp Kadelbach von flightright, dem Verbraucherportal für Fluggastrechte (www.flightright.de), empfiehlt Reisenden, eventuell auftretende Annullierungen und Umbuchungen nicht ohne Weiteres zu akzeptieren: »Die Fluggesellschaft ist vertraglich dazu verpflichtet, die Beförderung sicherzustellen und Passagieren einen Ersatzflug anzubieten. Flugreisende sollten sich an ihren Vertragspartner wenden und sich informieren, wohin und auf welchen Termin ihr Flug verlegt wird. Ansprechpartner ist entweder die Fluggesellschaft direkt oder - bei Pauschalreisen - der Reiseveranstalter, über den der Flug gebucht wurde.«
Kann sich der Reisende in jedem Falle auf die Fluggastrechte-Verordnung berufen?
Dr. Philipp Kadelbach: »Diese EU-Verordnung, die Reisenden bei Flugverspätung und Annullierung eine Entschädigung durch die Fluggesellschaft zuspricht, wird in den meisten Fällen nicht greifen. Denn informiert die Fluggesellschaft den Reisenden zwei Wochen vor Abflugdatum über die Umbuchung, hat dieser keinen Anspruch auf Schadenersatz. Lediglich wenn der Fluggast später unterrichtet wird, stehen ihm Leistungen wie Telefonate und die Verpflegung mit Speisen und Getränken am Flughafen sowie eine eventuell notwendige Übernachtung zu. Finanzielle Entschädigungen werden Reisende nicht erhalten, da die Verzögerung der Flughafeneröffnung kein Verschulden der Airlines ist. Die Ursachen liegen im Verantwortungsbereich des Flughafenbetreibers und sind damit ein außergewöhnlicher und für die Fluggesellschaft unvermeidbarer Umstand, auf den die Airlines keinen Einfluss haben.«
Am 3. Juni um 5.30 Uhr wollte Lufthansa als Jungfernflug den Airbus A380 nach Frankfurt am Main starten und Air Berlin zeitgleich zum Rundflug einladen. Was wird daraus?
Die Lufthansa hat diesen einmaligen Flug unter LH 171 mit dem Großraumflugzeug von der Südbahn des BER abgesetzt. Auch Air Berlin hat den geplanten Rundflug abgesagt.
Was wird aus den bereits gebuchten Tickets für diese beiden Jungfernflüge?
Die Lufthansa kündigte an, dass eine »zeitnahe Lösung im Sinne der Kunden gefunden« werde. Seit dem Buchungsstart am 3. Mai für diesen historischen Erstflug waren fast alle 250 frei buchbaren Tickets verkauft worden. Ob die Taufe des A380 auf den Namen »Berlin« am 22. Mai in Tegel stattfindet, ist unklar. Air Berlin will den Ticketpreis für den annullierten Eröffnungsrundflug mit einem A330 kostenfrei erstatten.
Informationen über Flüge erhalten Reisende unter folgenden Servicenummern:
Hotlines der Fluggesellschaften:
Lufthansa 01805 805 805
Air Berlin 01805 737 800
Condor 01805 767 757
Tuifly 0900 1000 2000
Germanwings 0900 19 19 100
Easy Jet 01805 666 000
Air France 01805 830 830
British Airways 01805 266 522
Iberia 01805 442 900
SAS 01805 117 002
Singapore Airlines 069 719 52 00
Emirates 0699 451 920 00
United Airlines 069 500 70 87
Hotlines der Veranstalter:
Tui 01805 88 42 66
Neckermann 01805 33 66 81
Alltours 0203 36 36 360
Dertour 01805 33 76 66
FTI 01805 38 45 00
L'Tur 00800 21 21 21 00
ITS 01805 67 01 30
Tjaereborg 01805 67 01 40
Jahn 01805 67 01 20
Schauinsland-Reisen 0203 99 40 50
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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