Wenn es immer wieder nach kaltem Rauch riecht
Leserfrage zu gesundheitsschädigenden Wohnungsmängeln
In meiner Wohnung hatte ich seit Dezember 2009 Gerüche nach kaltem Zigarettenrauch. Nach meiner Mangelanzeige kamen fünf Personen (zwei Verwaltungsmitarbeiter, Techniker, Schornsteinfeger und Hausmeister) und untersuchten den Sachverhalt. Sie bestätigten den Mangel. Im Raucherlokal des benachbarten Hauses wurde dann eine Raumluftanalyse angefertigt und eine Abluftanlage installiert. Das Analyseergebnis erhielt ich nicht. In der Folgezeit wandte ich mich an die zuständige Abteilung Gesundheit und Hygiene, erhielt von dort aber keine Unterstützung. Nach Beginn einer Mietminderung wurde mir mit der Eintragung ins Schuldnerregister gedroht, worauf ich die Mietminderung beendete. Was kann ich nun tun?
Lothar M., Berlin
Was in Ihrem Fall konkret gemacht werden kann, müssten Sie mit Spezialisten im Miet- und Gesundheitsrecht sowie mit Sachverständigen besprechen. Anhand Ihres Falles sind aber einige grundsätzliche Hinweise angebracht, wie man bei umfassenden und nicht einfach zu behebenden Mietmängeln vorgehen sollte.
Zuerst ist das Vorhandensein des Mangels durch Beweise sicherzustellen. Sie haben das durch schriftliche Mangelanzeige beim Vermieter (sicherlich mit Setzung einer Frist und einem Vorbehalt zur Mietzahlung) völlig richtig getan. Die in der Folge stattgefundene Besichtigung des Mangels vor Ort war die korrekte Reaktion des Vermieters.
Wichtig: Protokoll anfertigen von der Vor-Ort-Besichtigung
Wichtig ist, dass über eine Vor-Ort-Besichtigung auch ein Protokoll angefertigt wird. Darauf sollten Sie als Mieter schon zu Beginn der Besichtigung dringen. Und ganz wichtig: Sie laden mindestens einen Bekannten als Zeugen zu der Besichtigung ein, der dann während der Besichtigung Notizen Ihr eigenes Protokoll anfertigt. Das Protokoll sollte von Ihnen auch dann erstellt werden, wenn der Vermieter das Protokoll zusagt, aber es nicht vor Ort anfertigt.
Sind Sie anderer Auffassung als der Vermieter in seinem Protokoll, so notieren Sie Ihre Auffassung im Vermieterprotokoll und unterschreiben zum Schluss (hinter) ihrer Notiz.
Die Erfahrung zeigt: Ist das Besichtigungsergebnis zum Nachteil des Vermieters, wird von ihm ein Protokoll schon eher mal nicht angefertigt, weil der Mieter dann für eine mögliche Auseinandersetzung vor Gericht (beispielsweise wegen Mietminderung) vom Vermieter selbst die Beweise geliefert bekäme.
Das vom Mieter angefertigte Protokoll sollte der Mieter an alle Anwesenden zur Kenntnisnahme und zum Verbleib schicken - mit dem Hinweis, dass der Adressat Sie auf fehlerhafte Aussagen im Protokoll bis zum angegebenen Datum aufmerksam machen möchte.
In beschriebenen Fall des Lesers kam es sogar zu einer Analyse der Raumluft durch einen Fachmann. Auch hier gilt das Gleiche wie bei der Besichtigung: Zuerst die Feststellung des Namens und des Berufs des Fachmannes. Qualifizierte Sachverständige haben immer eine Visitenkarte zur Hand. Da der Sachverständige nur seinem Auftraggeber rechenschaftspflichtig ist (weil dieser den Auftrag auslöste und die Rechnung bezahlt), wird auch nur der Vermieter die Expertise bekommen. Sie haben in der Regel nur vor Ort die Gelegenheit, vom Sachverständigen Informationen zu bekommen.
Den Sachverständigen intensiv befragen
Fragen Sie dem Sachverständigen sozusagen »ein Loch in den Bauch«. Was untersucht er mit welchen Geräten? Welche Messwerte hat er festgestellt? Welche Werte sind üblich, ab wann sind diese Werte kritisch? Welche weitergehenden Untersuchungen sollten aus Sicht des Sachverständigen vorgenommen werden? Sollte die Messung noch einmal an einem anderen Tag oder zu einer anderen Jahreszeit durchgeführt werden?
Vielfach wurde durch Mietervereine festgestellt, dass Vermieter eine von ihnen in Auftrag gegebene Expertise nur soweit dem Mieter zur Kenntnis gegeben wurde, wie Auszüge oder eventuell die gesamte Expertise zum Vorteil des Vermieters ist. Wird die Expertise dem Mieter nicht zur Kenntnis gegeben, deutet vieles auf eine Verantwortung des Vermieters hin. Sie sollten daher den Vermieter darum bitten, Ihnen die entscheidenden Stellen aus der Expertise zur Kenntnis zu geben, Einsicht zu gewähren oder Ihnen eine Kopie anzufertigen.
Rauchbelästigung und die Rechtsprechung
Was die vom Leser kritisierte Rauchbelästigung anbelangt, so neigt die Rechtsprechung dazu, dass Mieter die Rauchbelästigung durch Nachbarmieter hinzunehmen haben. Durch Gewerbe verursachte Mängel oder Belästigungen muss ein Mieter eher nicht hinnehmen. In Ihrem konkreten Fall spricht die Nachrüstung des Raucherlokals mit einem Abzug dafür, dass eine Wohnwertminderung besteht (auch haben alle vor Ort erschienenen Personen den Geruch von kaltem Rauch bestätigt), auf die der Hausbesitzer entsprechend reagiert hat.
Ob immer noch Vorschriften für das in der Wohnbebauung befindliche Gaststättengewerbe nicht eingehalten sind, wäre zu klären. Dazu sollten Sie sich schriftlich an das Gesundheits- und das Gewerbeamt wenden und um Messungen auf Einhaltung bestehender Grenzwerte sowie um schriftliche Auskunft über das Ergebnis bitten.
Zuletzt noch ein Wort zur Registrierung im Schuldnerregister, mit der Ihr Vermieter gedroht hat: So einfach geht das nicht. Wenn das so wäre, würden Hunderttausende Mieter, die eine Mietminderung vornehmen, in einem Schuldnerregister stehen. Entweder Sie suchen Rat und Unterstützung als Mitglied in einem Mieterverein (in Ihrem Fall in Berlin), oder Sie wenden sich an einen im Mietrecht erfahrenen Rechtsanwalt. Machen Sie sich aber vorher kundig über mögliche Kosten.
HARTMUT HÖHNE
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