Erdgas unter der Fahner Höhe

Auch in Thüringen formiert sich Widerstand gegen Fracking-Projekte

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Pläne eines kanadischen Konzerns zur Förderung unkonventioneller Erdgasvorkommen schrecken betroffene Anwohner in Thüringen auf. Widerstand formiert sich.

Gunther Fleischmann wohnt am Rande der Fahner Höhe im 900 Einwohner zählenden Gierstädt im Kreis Gotha. Als er und seine Mitstreiter in einer Bürgerinitiative gegen Genmaisanbau vor einem halben Jahr von den Plänen des kanadischen Energiekonzerns BNK Petroleum erfuhren, in ihrer Heimat mit dem hoch umstrittenen Fracking-Verfahren Erdgas zu fördern, wurden sie hellhörig. Sie waren sich schnell einig: Die Bürgerinitiative (BI) orientierte sich auf den Widerstand gegen die Erdgaspläne um.

Angst bereiten den Akteuren die unabsehbaren Risiken für Mensch und Natur. Denn beim Fracking wird mit giftigen Chemikalien versetztes Wasser mit Hochdruck in Bohrlöcher gepresst und das Gestein pulverisiert. Das frei werdende Gas wird zusammen mit dem giftigen Wasser abgepumpt. Gas und Chemikalien könnten aber auch ins Grundwasser gelangen, warnt die BI. Es drohten eine Verschmutzung von Grund- und Trinkwasser, brennende Wasserhähne, Erdbeben und Bergschäden, ungeklärt sei auch die Entsorgung der schwer belasteten Brauchwässer, Abwässer und Bohrschlämme.

Das betroffenen Gebiet erstreckt sich vom Harz über das Thüringer Becken bis zum Thüringer Wald. BNK hat auf die hier vermuteten Gasvorkommen ein Auge geworfen und vom Erfurter Umweltministerium eine Aufsuchungsgenehmigung erhalten. Fleischmann und seine Mitstreiter gingen an die Öffentlichkeit und bauten die Internetpräsenz »www.bi-fahner-hoehe.de« auf. Bisheriger Höhepunkt der Aktivitäten war eine Informationsveranstaltung Anfang Mai, zu der 200 Bürger aus den umliegenden Gemeinden kamen. Dabei konnte auch ein Ministeriumsvertreter die Menschen nicht beruhigen.

Zu den Rednern in Gierstädt gehörte auch Hartwick Oswald aus dem Nachbarort Witterda im Landkreis Sömmerda. Der Unternehmensberater war über eine Meldung im Amtsblatt zur Bürgerinitiative gestoßen. Er warnt vor einer »erheblichen Veränderung der landwirtschaftlichen Nutzflächen«, sobald der BNK-Konzern erst einmal Bohrflächen einrichtet, Infrastruktur und Chemikalien herankarrt und die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen stellt. Aufgerüttelt wurde Oswald auch durch den Bericht einer Bekannten. Sie habe ihm eindrucksvoll geschildert, wie sie beim Flug von Kanada über die Rocky Mountains nach Los Angeles riesige Landschaftszerstörungen wahrgenommen und damit erkannt habe, was mit Fracking-Methoden angerichtet werde. »Die Gasindustrie wird von kurzfristigen Renditeinteressen geleitet. Stimmen die Zahlen nicht mehr, dann lassen die einfach die Bohrlöcher zurück«, warnt Oswald.

Weil Thüringen in Sachen Fracking bisher ahnungslos gewesen sei und auch Kreistagsmitglieder lange nichts über die Bohrpläne erfahren hätten, setzen Oswald und Fleischmann auf die Kraft ihrer Argumente. Wenn das Mittel der Diskussion und Aufklärung nicht ausreiche, müssten die Bürger auch »auf die Straße oder aufs Feld« gehen, so Oswald. Dass die Menschen in Thüringen ihre Felder und Naturparks für den BNK-Konzern einfach räumten, sei nicht zu erwarten. In Frankreich hätten Großdemonstrationen Wirkung gezeigt und zu einem Fracking-Verbot geführt.

Die Initiative fordert von der Landesregierung die Einleitung einer Bundesratsinitiative mit dem Ziel, das Bergrecht zu ändern. Dabei müssten bei Eingriffen dieser Art zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung und Risikofolgenabschätzung sowie eine Bürgerbeteiligung im Gesetz verankert werden. Anträge der Linksfraktion für ein Fracking-Verbot sowie von Grünen und SPD für ein Moratorium hatte die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag kürzlich abgelehnt.

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