Beschäftigte und Aktionäre leiden

Telekom-Konzern steht unter massivem Druck von allen Seiten

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Umsatz, Gewinn und Aktienkurs gesunken - und Gewerkschafter starten eine Kampagne gegen Arbeitsrechtsverstöße bei der Tochter T-Mobile USA: Die Hauptversammlung seines Konzerns bereitete Telekom-Boss René Obermann wenig Freude.

Pünktlich zur Hauptversammlung des Telekom-Konzerns in Köln starteten Gewerkschafter am Donnerstag die Kampagne »Wir erwarten Besseres«. Ver.di und ihre US-amerikanische Schwester Communications Workers of America (CWA) werfen der Telekom-Tochter T-Mobile USA massive Arbeitsrechtsverstöße vor.

»T-Mobile USA schüchtert Beschäftigte ein und versucht sie davon abzuhalten, sich gewerkschaftlich zu organisieren«, berichtet CWA-Sekretär Blake Poindexter. Die Firma schließe mit den Mitarbeitern keine Verträge ab, könne sie »von heute auf morgen feuern«. Beschäftigte seien sich ständig ändernden Anforderungen ausgesetzt, würden gemobbt und Disziplinierungen unterworfen. So müssten Arbeitnehmer, deren Leistung als zu schlecht empfunden würde, eine Art Aufsatz nach dem Motto »Warum mich das Unternehmen behalten sollte« verfassen - und diesen vor Vorgesetzten laut vorlesen. »Es ist nicht in Ordnung, dass die Telekom-Zentrale diese Missstände bei ihrer hundertprozentigen US-Tochter toleriert«, so Poindexter.

In einem Offenen Brief, der in der »New York Times« veröffentlicht wurde, fordern Prominente, darunter Ex-Bundesminister wie Norbert Blüm, Franz Müntefering und Herta Däubler-Gmelin, bessere Bedingungen bei T-Mobile und anderen US-Unternehmen. Sie preisen die deutsche »soziale Marktwirtschaft« als Vorbild an.

Die Anleger haben derweil ganz andere Sorgen, das wurde auf der Hauptversammlung deutlich. Der Umsatz des Ex-Staatskonzerns sank 2011 um sechs Prozent auf 58,7 Milliarden, der Überschuss gar um zwei Drittel auf 557 Millionen Euro. Der Aktienwert liegt bei rund 8,50 Euro - zu Obermanns Amtsantritt waren es 13 Euro. Ausgegeben wurde die »T-Aktie« für bis zu 39,50 Euro, im März 2000 erreichte sie ihren Peak mit 103,50 Euro. Seitdem ging es steil bergab mit der »Volksaktie«.

»Langfristige Anleger sind gelackmeiert«, sagte Marc Tümmler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). »Wir wollen mehr!«, betonte ein Vertreter institutioneller Anleger. Das »Handelsblatt« überschreibt seine »Chronik eines Niedergangs« mit den Worten »Das ewige Leiden der T-Aktionäre«.

Ewig leiden auch die Beschäftigten: Fast jede 20. Stelle wurde 2011 abgebaut. Der Markt sei hart umkämpft, das Geschäft schnell und preisaggressiv, so Obermann. Die Telekom müsse innovativer und schneller werden. Er hob die Bedeutung »neuer Wachstumsfelder« wie Cloud-Computing und Serviceleistungen für intelligente Stromnetze (»smart grid«) hervor.

Auch der »Personalumbau« müsse weitergehen, solle aber »fair und kooperativ« erfolgen, kündete Obermann an. Ado Wilhelm mag da nicht nicken. »Personalumbau bedeutet auch weiterhin Personalabbau«, stellt der Telekom-Experte von ver.di fest. Ältere müssten für Jüngere Platz machen, die in der Regel zu schlechteren Konditionen eingestellt würden. Der Abbau habe bereits Serviceprobleme zur Folge, so Wilhelm.

Obermann beklagte derweil eine politische Regulation, die der Telekom schade. Hier ist er sich mit Wilhelm einig. Der Gewerkschafter kritisiert, dass die Telekom ihre Leitungen Mitbewerbern billig zur Verfügung stellen müsse und gleichzeitig als Marktführer den milliardenschweren Glasfasernetzausbau schultern solle. Die Telekom werde nicht reguliert, sondern stranguliert.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.