Dora Heyenn wirft Hut in den Ring
Klaus Ernst drängt auf Regionalkonferenz in Hessen Sahra Wagenknecht zu Kandidatur
Die Hamburgerin Dora Heyenn hat am Freitag, gut eine Woche vor dem Göttinger Parteitag, ihre Absicht erklärt, Parteivorsitzende zu werden. Mit Genugtuung wurde die Mitteilung unter den Anhängern von Dietmar Bartsch registriert, wäre mit ihr doch eine passgenaue Komplettierung Bartschs nach den Regeln der Quotierung in der Partei erfüllt. »Ich möchte dazu beitragen, die Kräfte unserer Partei wieder zusammenzuführen«, teilte Heyenn in einer kurzen Begründung mit.
Am Vorabend hatte Parteichef Klaus Ernst auf einer Regionalkonferenz der hessischen LINKEN vor 150 Mitgliedern im Frankfurter DGB-Haus erneut Bedauern über den Rückzug Oskar Lafontaines geäußert. »Es schadet uns, dass Oskar weg ist. Für zwei bis drei Prozent extra wäre er gut gewesen.« Unabdingbar nannte er es nunmehr, dass sich Sahra Wagenknecht für eine Spitzenposition zur Verfügung stelle, um »ein bestimmtes Publikum« und das »Westmilieu« anzusprechen. Während Wagenknecht noch zögert, hat die Bundestagsabgeordnete und DGB-Regionsvorsitzende in Südwest-Sachsen, Sabine Zimmermann, ihre Kandidatur für den Parteivorsitz bereits vor Tagen angekündigt und warb um Unterstützung. Die mit der Parteigründung 2007 ausgelösten Hoffnungen dürften nicht verspielt werden, die Krise sei »nur mit langem Atem und Sacharbeit« zu lösen.
»Ich möchte, dass der linke Flügel nicht verschwindet.« Mit diesen Worten kündigte Vorstandsmitglied Wolfgang Gehrcke ein noch stärkeres innerparteiliches Engagement an. Auf eine Kandidatur als Vizevorsitzender wollte er sich auf nd-Nachfrage nicht festlegen. Dietmar Bartsch, Bewerber für den Parteivorsitz, warb mit einem Blick auf Thüringen für seine Person. Die Wahl linker Kandidatinnen bei Landrats- und Bürgermeisterdirektwahlen sei ein Produkt jahrelanger »Kärrnerarbeit« und auch von Stichwahlabsprachen mit SPD-Gliederungen. »Allein gegen alle hätten wir in Thüringen keinen Sieg errungen«, so Bartsch. Die Partei brauche Pluralität in der Führung, die Richtungsentscheidung sei mit dem Erfurter Programm im Oktober 2011 erfolgt. »Wenn wir das Projekt LINKE vergeigen, wird es auf lange Zeit keine Partei links von der SPD geben«, mahnte Bartsch.
Für eine »Überwindung des Lagerdenkens« und einen »dritten Weg« mit einer weiblichen Doppelspitze von Katja Kipping und Katharina Schwabedissen warben die Bundesgeschäftsführerin Caren Lay und der Brandenburger Bundestagsabgeordnete Thomas Nord. »Nach wie vor rasen zwei Züge aufeinander zu, und die Heizer an den Kesseln schippen kräftig die Kohle nach«, so Nords Analyse der Lage kurz vor Göttingen. Den Charme einer weiblichen Doppelspitze wollten indes nicht alle Frauen im Saal nachvollziehen. »Erst wenn wir im Bund zehn Prozent erringen, können wir uns solche Experimente leisten«, so die hessische Landesvorsitzende und Wagenknecht-Unterstützerin Heidemarie Scheuch-Paschkewitz. »Eine Frauenspitze ist keine Qualität an sich. Qualität ist, wenn sie das Richtige macht«, sagte ihre Stellvertreterin Gabi Faulhaber.
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