Spanische Grippe

Kommentar von Kurt Stenger

  • Lesedauer: 1 Min.

Unter dem Euro-Rettungsschirm wird es eng, bevor dieser komplett aufgespannt ist. Wenn Spanien, worauf Vieles hindeutet, bald eine mindestens zweistellige Milliardensumme beantragen wird, ist der permanente Nothilfefonds ESM noch gar nicht gestartet. Mit Spanien würde erstmals ein wirtschaftliches Schwergewicht der Eurozone Geld benötigen - die Krise bekäme eine ganz neue Dimension. Und sollte sich Italien die spanische Grippe holen, wäre der Schirm endgültig zu klein.

Eigentlich müsste die politische Klasse Europas nun endlich einsehen, dass ihr Krisenmanagement einfach nicht funktioniert. Wie denn auch? Die Geldpolitik der EZB setzt auf leicht inflationäre, wachstumsankurbelnde Maßnahmen, die nationale Finanzpolitik steuert mit brutalen Kürzungen die Krisenländer in die Rezession und Deflation. In Spanien hat sich ein Teufelskreis aufgebaut: Die Sparmaßnahmen zur Finanzierung strauchelnder Sparkassen belasten die Konjunktur; Arbeitslosigkeit und Firmenpleiten nehmen zu; die Geldinstitute verzeichnen noch mehr Kreditausfälle. Schon jetzt ist offiziell fast jeder Vierte arbeitslos und unter jungen Leuten sogar mehr als jeder Zweite. Mit einem Nothilfeantrag würde die eiserne Hand der Troika den Sparkurs noch verschärfen.

Auch wenn Spanien selbst für die geplatzte Immobilienblase verantwortlich ist - die bisherige Ausgestaltung der EU-Währungsunion ließ dem Land kaum einen anderen Weg. Auch die echte Spanische Grippe 1918/1919 nahm nicht in Spanien ihren Anfang.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.