Truppe fliegt weiter von Tegel
Bundeswehr-Standortkonzept vorgelegt - Konversionsideen fehlen
Die Bundeswehr wird künftig im Inland nur noch an etwas über 260 Standorten präsent sein. Noch gibt es knapp 400 Objekte. Am härtesten trifft der Abbau das Saarland, Schleswig-Holstein und Bayern. Die Länder verfügen über die größte Soldatendichte in der Republik.
Um Kiel herum werden neun Standorte geschlossen, 11 000 Posten fallen weg. Kaum besser ist das Rechenergebnis in Rheinland-Pfalz, das künftig 8000 Dienstposten weniger hat. Einbußen müssen Bayern und Baden-Württemberg verkraften. Im Freistaat fallen fast 20 000 Posten und drei Standorte weg, im Musterländle sind es gleichfalls drei Basen mit rund 10 000 Soldaten. Unerwartet wird Mecklenburg-Vorpommern so in Kürze das Land mit der höchsten Soldatendichte Deutschlands sein.
Die vorgenommene Feinplanung bestätigt, was alle wussten: Sämtliche Standorte werden im Rahmen der Bundeswehrreform und des Truppenabbaus »bluten«. Doch seit de Maizière das im Oktober 2011 so schonungslos ankündigte, ist außer kommunalem Schlottern in militärischen Monokulturbereichen nur wenig zivile Aktivität spürbar. Kann das sein? Angeblich ist das Stationierungskonzept doch Ergebnis einer »umfassenden und gründlichen Analyse, in der alle relevanten Faktoren in einer ganzheitlichen Betrachtung der Grundprinzipien ›Funktionalität‹, ›Kosten‹, ›Attraktivität und Präsenz in der Fläche‹ gegeneinander abgewogen wurden«.
Der ministeriellen Behauptung wollen Landräte und Bürgermeister auch jenseits parteipolitischer Rangeleien nicht folgen. Was man in de Maizières Umgebung wiederum nicht verstehen kann. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, so kontert man, habe doch bereits nach Bekanntgabe der Stationierungsentscheidung den Konversionsprozess »mit Unterstützung der Bundeswehr aktiv wahrgenommen«. Wie sieht die Unterstützung aus? Man habe mit den betroffenen Kommunen »Kontakt aufgenommen und schon zahlreiche Aktivitäten entwickelt«.
Klingt schwammig und ist es auch. Im »Informationspaket zur Realisierungsplanung« liest man auch nur: »Die Bundeswehr leistet Unterstützung, indem sie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben alle relevanten Unterlagen übergibt.« Man ermöglicht »der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gemeinsam mit den Kommunen sowie ggf. potenziellen Interessenten eine Liegenschaftsbesichtigung« und hat dafür schon »regionale Ansprechstellen eingerichtet«.
Komplexe Planung sieht anders aus. Sind wenigstens die Soldaten zufrieden? Nein. Man habe Landräte und Bürgermeister zufriedenstellen wollen und die Soldaten außen vor gelassen, wettert der Wehrbeauftragte Hellmuth Königshaus (FDP) und fürchtet unter anderem verstärkte Pendeleien zwischen Dienst- und Wohnort.
Wie abgestimmt de Maizières plante, zeigen verschiedene kuriose Entscheidungen. Auf der Hitliste ganz oben: der Verbleib der Bundeswehr-Flugbereitschaft auf dem Berliner Airport Tegel. Eigentlich sollte der TXL-Tegel ja bereits geschlossen und auf den neuen Airport BER in Schönefeld umgezogen sein. Das soll nach Pleiten und Pannen nun im März 2013 geschehen. Die Flugbereitschaft der Luftwaffe fliegt weiter von Tegel. Vermutlich bis 2018. Vielleicht nicht mit den ganz dicken Merkel-Jets, doch der Bonzen-Heli-Verkehr bleibt, wo er ist. Wie Berlin in Tegel ein grünes High-Tech-Entwicklungsgebiet hinklotzen will, bleibt ein irgendwie rätselhaft.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!