Zeit zum Nachdenken

Kommentar von Fabian Lambeck

  • Lesedauer: 2 Min.

Es gehört zum Wesen einer Koalition, dass man auch politische Projekte seiner Partner stützt, die mit der eigenen Agenda nur schwer zu vereinen sind. Im Idealfall gelingt es den Koalitionären, die umstrittenen Projekte durch geschickte Verhandlungen zumindest etwas moderater zu gestalten. Beim Betreuungsgeld ist das anders. Der als Herdprämie verschriene Zuschuss für Eltern, die ihre Kinder lieber zu Hause behalten anstatt sie in eine Kita zu schicken, ist schon im Ansatz so verfehlt, dass jegliche Versuche, ihn etwas realitätsnäher zu gestalten, zum Scheitern verurteilt sind. Etwa der Vorschlag, auch Mütter, die ihre Kinder halbtags in die Kita bringen, mit einem Zuschuss zu bedenken. Oder die jetzt aufkommende Diskussion um Bildungsgutscheine, die man den Kindern statt des Geldes zukommen lassen möchte.

Vorschlag Nummer eins geht an der westdeutschen Realität vollkommen vorbei. Dort werden viele Mütter im nächsten Jahr unfreiwillig das Betreuungsgeld kassieren, weil es einfach keine Einrichtungen gibt, in die man die Kinder bringen könnte. Auch nicht halbtags. Und wie erfolgreich Gutscheine sind, zeigt sich gerade beim Bildungspaket für Kinder aus armen Familien. Nicht einmal 50 Prozent der Kinder können sie in Anspruch nehmen.

Es ist gut, dass die Opposition die Beratungen im Bundestag zum Betreuungsgeld verhindert hat. Hoffentlich nutzt Schwarz-Gelb die zusätzlich gewonnene Bedenkzeit in der Sommerpause, um das auch bei den Wählern unbeliebte Projekt zu begraben.

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