Das große Zittern
Hochspringerin Friedrich und Speerwerfer de Zordo bangen um Olympia
Die Zuversicht wird bei Ariane Friedrich zunehmend von Torschlusspanik und Verzweiflung verdrängt. »Ich bin gerade so frustriert, das können Sie sich nicht vorstellen. Das Ärgerliche ist einfach, dass ich heute so wenig dafür kann«, schluchzte die Hochspringerin am Samstag. »Es hätte wirklich klappen können, müssen. Die Höhe ist einfach ins Wasser gefallen, das ist bitter.« Mit 1,86 Meter gewann sie bei den Meisterschaften in Bochum-Wattenscheid zwar ihren sechsten Freilufttitel, verfehlte die Olympianorm aber um neun Zentimeter.
Immer enger wird es auch für Speerwerfer Matthias de Zordo, der ebenfalls einen Rückschlag erlebte. Wegen Schmerzen im Ellenbogen des linken Wurfarms musste der Saarbrücker Minuten vor dem Titelkampf passen. »Angst habe ich nicht, weil ich weiß, dass ich in guter Form bin«, meinte der 24-Jährige. »Deshalb mache ich mir keinen Kopf.«
Letzte Chance für de Zordo, sich von bisher 81,65 Metern noch auf die Norm von 82 Metern zu steigern, sind die Europameisterschaften (27.6. - 1.7.) in Helsinki. »Ich bin ein Meisterschaftstyp und hoffe auf diesen Bonus. In Helsinki wird die Norm fallen«, sagte er zuversichtlich. Dass er nach dem Gewinn von EM-Silber 2010 und dem WM-Titel von 2011 als einer der großen Olympiagoldanwärter gehandelt wird, empfindet er nicht als Last. »Das baut einen auf, wenn man als Medaillenfavorit angesehen wird«, sagte de Zordo. »Und wenn ich keine Medaille hole, ärgere ich mich vielleicht, aber ich bin ja noch jung.«
Die verunsicherte Ariane Friedrich (28) will sich nicht darauf verlassen, den Absprung nach London bei der EM zu schaffen. Deshalb beauftragte sie ihren Trainer Günter Eisinger, in der kommenden Woche noch einen Wettkampf zu finden, wo sie die Norm erneut angehen kann. »Wenn die blöde Norm fällt, bin ich wieder cooler im Kopf«, hofft die deutsche Rekordlerin und WM-Dritte von 2009, die im Dezember 2010 einen Achillessehnenriss erlitten hatte. Zum bisher vergeblichen Bemühen, die Londonbarriere von 1,95 Meter zu überwinden, meint sie: »Es ist, als würde ich gegen eine Wand springen.« Das Gefühl hatte sie vor allem beim Regenspringen mit böigem Wind im Lohrheidestadion. »Das waren die schlechtesten Bedingungen, die ich jemals in einem Wettkampf hatte - sie waren ein Killer. Das ist so ungerecht vom Wettergott.«
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