Durch die Brille des Örtlichen
»Verband Linker Kommunalpolitischer Foren« will Handwerkszeug für Lokalparlamentarier verbessern
Ganz ohne Diskussion geht es nicht an diesem Samstagnachmittag. Die Formulierung zum Beispiel, dass linke kommunalpolitische Bildungsarbeit »Menschen zum eigenen Denken und zu Werten« ermuntern könne, wird von der Runde, die sich in einem Sitzungssaal der Bundestags-LINKEN versammelt hat, nach kurzer Diskussion gestrichen. Zu paternalistisch klinge das, befinden die Vertreter elf LINKEN-naher Landesvereinigungen für kommunalpolitische Bildungsarbeit. Ansonsten aber geht es zügig: Nach etwa anderthalb Stunden ist der »Verband Linker Kommunalpolitischer Foren« (VLKF) gegründet, die jüngste Institution »in, bei und an« der LINKEN, wie Margitta Mächtig vom Kommunalpolitischen Forum Brandenburg sagt.
Ob »doppische Haushaltssatzung« oder ein örtlicher Verkehrsentwicklungsplan: Bereits vor Ort ist Politik oft kompliziert. Der neue Verband mit dem nicht minder sperrigen Akronym soll in enger Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) und deren »Kommunalakademie« die Koordination zwischen den Landes-Foren verstärken, »Empfehlungen und Arbeitshilfen« für die praktische Kommunalpolitik formulieren, bundesweite Fachkonferenzen zur Fortbildung von Kommunalpolitkern formulieren, Kontakte zu den kommunalen Spitzenverbänden halten, entsprechende Publikationen unterstützen und ein »Informationszentrum« unterhalten. Nachdem sich im Februar rund 70 LINKE- und parteinahe Kommunalpolitiker in Bundes-, Landes, Kreis- und Kommunalparlamenten als »Bundesarbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik« neu formiert hatten, soll nun auch die Infrastruktur verbessert werden, die für kommunalpolitisches Handwerkszeug sorgt.
Ziel all dessen sei ein größerer Stellenwert der lokalen Politik in der Partei und in ihrem Umfeld, sagte eingangs Gregor Gysi. Die Qualität der Arbeit vor Ort sei »ganz entscheidend für das Gesicht der Partei«, sagte der Bundestags-Fraktionschef, der sich »mehr Druck auf die Mitglieder meiner Fraktion« wünscht, »Kommunalpolitik ernster zu nehmen.« Auch der Bundestagsabgeordnete und frisch gebackene Parteivize Axel Troost empfiehlt, »alles immer auch durch die Brille« der örtlichen Politik zu sehen. Und RLS-Chef Heinz Vietze sagte den Vertretern der Kommunalforen: »Ich weiß, wie wichtig ihr seid.« Nicht zuletzt, weil die Kommunalpolitik oft das Betätigungsfeld von Frauen in und bei der Partei sei, ist dieses Feld für Vietze so bedeutend.
Der Dachverband vollendet ein langgehegtes Projekt. Schon seit den ersten Jahren der PDS gibt es das Vorhaben, die damals zunächst im Osten gegründeten Kommunal-Bildungswerke unter einem Dach zusammenzufassen. Immer wieder scheiterte dies an gesetzlichen Umständen: Die Bedingungen, zu denen diese Foren - ähnlich wie die parteinahen Stiftungen - von den jeweiligen Landesregierungen gefördert wurden, unterschieden sich lange zu stark, um eine übergreifende, auch die Bundesebene fassende Satzung zu ermöglichen. Für die Kommunalexpertin Petra Brangsch, die derzeit Mitarbeiterin im Büro der Bundestagsabgeordneten Katrin Kunert ist und die Vorgeschichte der Gründung mitgemacht hat, war der Samstag daher »ein besonderer Tag.«
Zur VLKF-Vorsitzenden wurde Barbara Klembt gewählt. Ihres Zeichens Bürgermeisterin der Gemeinde Wiesenburg und Präsidiumsmitglied des Städte- und Gemeindebundes in Brandenburg. Stellvertreter wurde der niedersächsische Kommunalvertreter Michael Braedt, Schatzmeister der Thüringer Landespolitiker Frank Kuschel, Beisitzer wurden Petra Brangsch und Wolfgang Freye aus Nordrhein-Westfalen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.