Sichtschutzwand vor dem Zaun - Stein des Anstoßes
Nachbarrecht
So mancher Nachbar fühlt sich dadurch genervt, weil er sein Grundstück verschattet meint. Statt aber vernünftig miteinander zu reden und sich gütlich zu einigen, bricht oftmals Streit aus bis zum Gang vor Gericht. Die Nachbarrechtsgesetze der Länder regeln diese Fragen nur eingeschränkt.
Das Berliner Nachbarrechtsgesetz zum Beispiel regelt zwar die Einfriedungen, wie Rechtsanwältin Marion Baatz aus Berlin-Köpenick dem nd-ratgeber mitteilte - ein Maschendrahtzaun ist hier ortsüblich. Es enthält jedoch keine Einschränkungen für die Einfriedungen, die der Grundstückseigentümer auf seinem Grundstück errichtet.
Baatz weist darauf hin, dass der BGH in einem Urteil (Az. V ZR 108/77) folgende Einschränkung traf: Ist auf der Grenze eine ortsübliche Einfriedung vorhanden, so kann der Nachbar nach § 1004 BGB auf Beseitigung klagen, wenn beispielsweise der Lamellenzaun derart auf den eigentlichen Grenzzaun einwirkt, dass dieser seinen Charakter als ortsübliche Einfriedung verliert. Genaue Prüfung ist angeraten. Die Rechtsanwältin plädiert für eine dauerhafte und einvernehmliche Lösung, also einen Vergleich.
In einem solchen Fall hatten in Berlin Grundstückeigentümer von ihren Nachbarn gefordert, die Sichtschutzwand auf deren Grundstück in einer Entfernung von 58 cm vom Maschendrahtzaun samt einem Regenwasserrohr zu beseitigen. Sie behaupteten, ihr Grundstück würde dadurch verschattet, weil die Sichtschutzwand den Zaun um einen Meter überragt und lichtundurchlässig sei. Die Nachbarn kamen dem Beseitigungsanspruch nicht nach. So landete der Fall vor dem Amtsgericht Lichtenberg (Az. 108 C 397/11).
Die Beklagten betonten, dass sowohl die Sichtschutzwand als auch das Regenwasserrohr bereits im Jahre 2004 errichtet wurden, was heißt, die Verjährung würde greifen.
Außerdem wurde der Sicht- und Lärmschutz errichtet, weil die Kläger eine Wohneinheit ihres Hauses als Ferienwohnung vermieten und den Kindern der Feriengäste einen Spielplatz genau angrenzend an das Grundstück der Beklagten bieten. Eine Verschattung des Gartens der Kläger wird nachdrücklich bestritten. Also sei eine Beeinträchtigung der Kläger vollumfänglich abzuweisen.
Letztendlich schlossen die Parteien einen Vergleich: Die Beklagten verpflichten sich, bis zum 31. Juli dieses Jahres die Sichtschutzwand auf eine Höhe von 1,50 Meter zu kürzen, das Regenrohr auf die Seite ihres Grundstücks zu verlegen und die Sichtschutzwand auf der Klägerseite gänzlich mit Efeu zu bepflanzen. Sichtschutzmatten dürfen über 1,50 Meter Höhe nicht angebracht werden.
Welch weltbewegender Beschluss! Muss dazu erst ein Gericht bemüht werden? Man kann sich immer gemeinsam rechtzeitig und sachlich einigen - ohne Streit und Kosten. RBL
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