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EnBW macht Atomausstieg selbst

Kühlanlage im AKW Neckarwestheim 1 wird seit gestern demontiert

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit dem Abbau der Zellenkühltürme wird die Abschaltung des AKW Neckarwestheim unumkehrbar.

Der vor rund 16 Monaten abgeschaltete Block 1 des Atomkraftwerks Neckarwestheim soll abgerissen werden. Als erste sichtbare Etappe des Abbruchs begann am Donnerstagmorgen die Demontage der Zellenkühltürme. Diese Arbeiten sollen voraussichtlich im Herbst abgeschlossen sein.

Durch den Abbau der Kühlanlage werde sich der Anblick des Kraftwerksgeländes verändern, sagte der technische Geschäftsführer der EnBW Kernkraft GmbH, Christoph Heil. Nach seinen Angaben entsteht dort nun eine freie Fläche von rund 25 000 Quadratmetern.

Anders als bei neueren Druckwasserreaktoren, deren Kühltürme teilweise bis zu 150 Meter hoch sind, hat das baden-württembergische AKW Neckarwestheim 1 zwei Reihen sogenannter Zellenkühler genutzt. Jede Reihe ist knapp 190 Meter lang, 18 Meter hoch und durchschnittlich 20 Meter breit. In diesen Kühltürmen wurde das vom Kondensator kommende, warme Kühlwasser abgekühlt, bevor Pumpen es wieder dem Kreislauf zuführten. Zum Teil wurde das gekühlte Wasser aber auch direkt wieder in den Neckar abgegeben und durch frisches, kaltes Wasser ersetzt.

Die Kühltürme befinden sich im nicht-nuklearen Bereich des Areals. Sie fallen auch nicht unter das Atomgesetz. Der Betreiber EnBW musste für den Abbau deshalb auch keine atomrechtliche Genehmigung bei der Aufsichtsbehörde einholen, sondern lediglich einen Bauantrag stellen.

Als Methode für den Abriss kommt den Angaben des Konzerns zufolge die »selektive Demontage« zum Einsatz: Mit modernster Technologie werden die Kühltürme überwiegend durch Abgreifen und Zerschneiden zerlegt. Wo möglich, sollen die Materialien - überwiegend Beton, Holz und Stahl - wieder in den Wertstoffkreislauf zurück fließen. Die verbleibenden Materialien würden fachgerecht entsorgt, verspricht das Unternehmen. Ein Großteil der zerlegten Bestandteile soll per Schiff über den Neckar abtransportiert werden, um die Belastung durch zusätzlichen Straßenverkehr für die umliegenden Gemeinden so gering wie möglich zu halten.

Neckarwestheim 1 war 1976 in Betrieb gegangen. Die nominelle elektrische Leistung betrug 840 Megawatt. Nach Abzug des Eigenbedarfs entfielen ca. 630 Megawatt auf die Abgabe an das 220-Kilovolt-Verbundnetz und 150 Megawatt an das Netz der Deutschen Bahn. Der von der Kraftwerk Union errichtete Reaktor gehört zur zweiten Generation von in Deutschland errichteten Druckwasserreaktoren und zu den wenigen Anlagen mit nur drei statt der in meisten Reaktoren üblichen vier Hauptkühlmittelschleifen.

Nach den AKW Brunsbüttel und Biblis B war das Gemeinschaftskernkraftwerk Neckar (GKN) der störanfälligste Atomreaktor in Deutschland. Bis zur Abschaltung wurden dort 431 »meldepflichtige Ereignisse« registriert. In einem Gutachten von 2010 hieß es: »GKN 1 gehört nach den Untersuchungen der Gesellschaft für Reaktorsicherheit zu den gegen einen terroristischen Flugzeugangriff am wenigsten geschützten Anlagen in Deutschland.«

Wann der eigentliche Abriss des Meilers beginnt, ist noch unklar. Im Norden Baden-Württembergs baut der Betreiber EnBW gerade sein AKW Obrigheim zurück. Zwei Jahre lang hatte das Unternehmen dort an den notwendigen Anträgen für Bund- und Länderbehörden gearbeitet. Weitere vier Jahre dauerte es, bis die Genehmigungen eingingen. Nach der Entfernung der nuklearen Komponenten sollen sich Bagger und Abrissbirnen frühestens Anfang des nächsten Jahrzehnts an dem Gebäude zu schaffen machen.

Der größte deutsche Energieversorger E.on rechnet für einen Rückbau seiner alten Anlagen mit einem Zeitraum von rund 15 Jahren. Der Konzern musste im vergangenen Jahr den bayerischen Meiler Isar I sowie das Kraftwerk Unterweser in Niedersachsen abschalten. E.on ist der einzige Versorger, der seine Anträge bereits auf den Weg gebracht hat.

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