Mieterrechte sollen eingeschränkt werden
Mietrechtsänderungen, wie sie die Bundesregierung vorsieht
Nach Einschätzung von Mietrechtsexperten in der MieterZeitung (Ausgabe 3/2012) »braucht dieses Gesetz niemand«, denn »da, wo es tatsächlich Änderungen bringt, werden Mieterrechte abgebaut oder verschlechtert. Da, wo Änderungen notwendig wären, enthält das Gesetz keine Regelungen.« Im Laufe des noch ausstehenden Gesetzgebungsverfahrens werde das Gesetz im Interesse der Mieter hoffentlich noch nachgebessert und korrigiert. Was besagt der Entwurf?
Mietminderung bei energetischer Modernisierung
Für die Dauer von drei Monaten soll eine Minderung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch außer Betracht bleiben, soweit sie aufgrund einer energetischen Modernisierung eintritt. Das bedeutet, Mieter müssen trotz Baulärms, Dreck, Einrüstung des Gebäudes und Verdunkelung der Wohnung und unter Umständen trotz Ausfalls der Heizung und der Warmwasserversorgung weiter die Miete in voller Höhe zahlen. Sollte die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch hingegen aufgehoben sein, das heißt, die Wohnung ist nicht bewohnbar, bleibt es bei einer vollständigen Befreiung von den Mietzahlungen.
Die Modernisierungsankündigung soll vereinfacht werden. Künftig soll die Art und der voraussichtliche Umfang der Modernisierung nur noch in wesentlichen Zügen mitgeteilt werden müssen. Zudem muss die Ankündigung wie bisher den voraussichtlichen Beginn, die voraussichtliche Dauer und die zu erwartende Mieterhöhung umfassen.
Neu ist, dass nun auch die voraussichtlichen künftigen Betriebskosten Teil der Ankündigung sein sollen. Hinsichtlich der energetischen Qualität von Bauteilen kann der Vermieter zukünftig auf anerkannte Pauschalwerte zurückgreifen. Dadurch wird in vielen Fällen eine teure Begutachtung überflüssig.
Die Duldungspflicht des Mieters hinsichtlich energetischer Modernisierungen soll erweitert werden. Bei der erforderlichen Abwägung sollen neben den Interessen des Mieters, des Vermieters sowie der anderen Mieter in dem Gebäude nun auch die Belange der Energieeinsparung und des Klimaschutzes berücksichtigt werden.
Mieter sollen nur noch einen Monat nach der Ankündigung Zeit haben, um Härtegründe (zum Beispiel unzumutbare Bauarbeiten), die gegen die Duldung sprechen, dem Vermieter schriftlich mitzuteilen. Dies gilt sowohl für persönliche als auch für finanzielle Härtegründe.
Härtegründe, die verspätet oder gar nicht mitgeteilt werden, werden nur berücksichtigt, wenn der Mieter die Verspätung nicht zu vertreten hat. Finanzielle Härtegründe dürfen hierbei sogar nur bis zum Beginn der Maßnahmen nachgereicht werden. Auf die Duldungspflicht haben finanzielle Härtegründe allerdings ohnehin keinerlei Auswirkungen mehr. Sie werden zukünftig nur im Rahmen einer neuen Abwägung bei der Modernisierungsmieterhöhung berücksichtigt. Generell werden die Anforderungen an die Begründungspflicht des Mieters bei Mieterhöhungen oder Modernisierungen abgesenkt.
Modernisierungsmieterhöhung
Zukünftig sollen nicht alle Modernisierungen, die der Mieter zu dulden hat, auch zu einer Modernisierungsmieterhöhung berechtigen. Es wird vielmehr eine zweite Abwägung der von dem Mieter vorgetragenen Härtegründe vorgenommen. Bei dieser Abwägung werden die finanziellen Härtegründe berücksichtigt.
Die Interessen der anderen Mieter im Gebäude sowie die Belange der Energieeinsparung und des Klimaschutzes spielen hier hingegen keine Rolle. Es kommt allein auf die Interessen des jeweiligen Mieters und des Vermieters an.
Bei der bisher oft streitigen Abgrenzung zwischen den Kosten der Modernisierung und den Kosten für eine ohnehin anstehende Instandhaltung, die bei einer Modernisierungsmieterhöhung nicht berücksichtigt werden dürfen, soll künftig eine Schätzung möglich sein. Auch im Rahmen der Modernisierungsmieterhöhung soll hinsichtlich der energetischen Qualität von Bauteilen auf anerkannte Pauschalwerte zurückgegriffen werden können.
Hinsichtlich der Modernisierungsvereinbarung soll gesetzlich fixiert werden, dass anlassbezogene Vereinbarungen über Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnamen zwischen Vermietern und Mietern wirksam geschlossen werden können.
Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete
Es soll klargestellt werden, dass bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete die energetische Ausstattung und Beschaffenheit des Wohnraums berücksichtigt werden soll.
Contracting
Es soll eine gesetzliche Regelung zum Wärmecontracting für alle Mietverhältnisse geschaffen werden. Wärmecontracting soll vorliegen, wenn der Contractor eine neue Heizungs- und/oder Warmwasserbereitungsanlage installiert oder die Wärme aus einem vorhandenen Wärmenetz (Fernwärme, Nahwärmenetze oder Quartierslösungen) bezogen wird. Bei vorhandenen Anlagen mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 80 Prozent soll sich das Contracting auch auf die Betriebsführung der Anlage beschränken können. Eine Umlage der Kosten soll aber nur möglich sein, wenn die Kosten der Wärmelieferung die Betriebskosten für die bisherige Eigenversorgung mit Wärme oder Warmwasser nicht übersteigen.
Bekämpfung von Mietnomaden
Vermieter sollen Mieter künftig fristlos kündigen können, wenn sie die Mietkaution nicht pünktlich einzahlen. Das soll selbst dann gelten, wenn diese Mieter die Miete selbst regelmäßig überweisen. Im Gesetzentwurf heißt es: Künftig soll der Verzug mit der Kaution in Höhe von zwei Monatsmieten einen wichtigen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung darstellen.
Auf Antrag des Vermieters soll ein Prozessgericht künftig anordnen können, dass der Mieter wegen fällig gewordener Geldforderungen (beispielsweise im laufenden Verfahren anfallende Mietzahlungen) eine Sicherheit zu leisten hat, wenn die Klage auf diese Forderungen hohe Aussicht auf Erfolg hat und die Anordnung gerechtfertigt ist. Dem betroffenen Mieter soll die Möglichkeit eingeräumt werden, gegen die Sicherheitsanordnung eine sofortige Beschwerde einzulegen. Hierfür ist eine Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung vorgesehen.
Räumung der Mietwohnung
Die Räumung der Wohnung soll künftig durch einstweilige Verfügung seitens des Gerichts angeordnet werden können, wenn einer Sicherungsanordnung nicht Folge geleistet wird. Die Räumung gegen Dritte, die ohne Kenntnis des Vermieters Besitz an den Räumen begründet haben, soll künftig durch einstweilige Verfügung angeordnet werden können, wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt.
Berliner Modell
Das sogenannte Berliner Modell der Räumung soll in das BGB aufgenommen werden. Hierbei können Vermieter an sämtlichen in der Wohnung vorhandenen Sachen ihr Vermieterpfandrecht geltend machen. So muss der Gerichtsvollzieher die Sachen nicht aus der Wohnung räumen und zwischenlagern, was erhebliche Kosten verursachen kann. Der Gerichtsvollzieher erstellt lediglich digitale Bilder der Wohnung samt Inhalt und übergibt diese dann dem Vermieter. Der kann die Sachen in der Wohnung belassen oder anderweitig lagern. Offensichtlichen Abfall kann er beseitigen und die brauchbaren Sachen später verwerten, indem er sie beispielsweise versteigern lässt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.