Erinnern für die Zukunft
Jugendliche und Überlebende des KZ Ravensbrück trafen sich für vier Tage beim Generationenforum
Auch in diesem Jahr bot die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück im Norden Brandenburgs eine ganz besondere Form der Auseinandersetzung mit der Geschichte an: Auf dem Gelände des ehemaligen Frauenkonzentrationslagers trafen Jugendliche zwischen 13 und 25 Jahren mit Ravensbrück-Überlebenden in einem sogenannten Generationenforum zusammen. Neben intensiven Gesprächen, Diskussionen und Reflexionen gab es vom Sonnabend bis gestern auch Raum für gemeinsame Essen, Videoabende und Exkursionen. Im Mittelpunkt standen dabei die Lebensgeschichten der ehemaligen Häftlinge.
»Es ist ein großes Glück, dass wir immer noch die Möglichkeit haben, mit Überlebenden zu sprechen«, betonte Angelika Meyer vom Pädagogikteam der Gedenkstätte während des einführenden Rundgangs. In diesem Jahr berichteten Eva Bäckerova (geboren 1940) und Peter Havaš (geboren 1935) aus der Slowakei, Batsheva Dagan (geboren 1925) aus Israel sowie Magrit Rustow (geboren 1925) aus den USA von ihrer Zeit in Ravensbrück. In zahlreichen, auch ganz privaten Gesprächen gaben sie ihre Erfahrungen weiter und zeigten sich offen gegenüber den Lebenswirklichkeiten der Jugendlichen.
Was sie dazu bewegt, alljährlich wieder nach Ravensbrück zu kommen, darüber gaben die Überlebenden unterschiedliche Auskünfte. Besonders eindringlich erzählte Magrit Rustow. Sie berichtete davon, dass sie damals im KZ von Leidensgefährtinnen aufgefordert wurde: »Wenn du überlebst, dann berichte, was passiert ist.« Diesem Versprechen fühlt sich Magrit seitdem verpflichtet. Sie nimmt seit 2008 am Generationenforum teil.
Das Ravensbrücker Generationenforum, das von der Dr.-Hildegard-Hansche-Stiftung mit initiiert wurde, bot die Möglichkeit des Austauschs, des Lernens und der Begegnung. Alle Teilnehmer waren in den ehemaligen Häusern der SS-Aufseherinnen untergebracht, in der heutigen Jugendherberge am Ufer des Schwedtsees. In Anbetracht seiner Geschichte ist das eigentlich ein bedrückender Ort - dennoch fühlte man sich gut aufgehoben. Das Forum erinnerte an ein großes Familientreffen. Sogar einige Nachkommen der Überlebenden nahmen teil. Zu diesem außerordentlich gelungen Konzept bemerkte der Leiter der Gedenkstättenpädagogik Matthias Heyl: »Es ist wichtig, dass die Überlebenden nicht funktionalisiert werden, sondern als Personen wahrgenommen werden.«
Die ehemaligen Häftlinge waren bei fast allen Unternehmungen mit dabei. Peter Havaš führte einen Rundgang im ehemaligen Männerlager, Magrit Rustow berichtete auf dem Gelände des alten Siemenslagers über ihre Zeit als Zwangsarbeiterin bei dem Konzern. Es wurden außerdem die Ausstellungen besichtigt. Heyl bezeichnete das Generationenforum als ein »Leuchtturmprojekt«.
Der Überlebende Peter Havaš sagte am Rande des offiziellen Programms: »Demokratie kann nicht einfach eingeführt werden, sondern muss wachsen.« Damit Demokratie wachsen kann, muss aus der Geschichte gelernt werden. Dies beinhaltet eine Auseinandersetzung mit den Schrecken des Holocausts. Viele Teilnehmer des mittlerweile achten Generationenforums in Ravensbrück möchten beim nächsten Treffen wieder dabei sein.
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