Unsozial

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Energiewende treibt die Stromkosten in die Höhe. Die Wirtschaft ist bald nicht mehr wettbewerbsfähig und sozial schwache Haushalte müssen demnächst im Dunklen leben. So argumentieren die Kritiker der erneuerbaren Energien.

Gerade die Kohle- und Atomlobby missbraucht die Kostendebatte, um vor einer allzu schnellen Energiewende zu warnen. Lieber sollen die Deutschen auf die billigeren Energieträger zurückgreifen. Doch das Argument zieht nicht. Zum einen setzt sich der Strompreis aus verschiedenen Posten zusammen. Die reine Produktion hat nur einen Anteil von 34,1 Prozent am Strompreis. Der Rest sind Vertriebskosten, Netzentgelte und staatliche Steuern und Gebühren. Zum anderen ist der Strompreis an der Börse schon wegen der erneuerbaren Energien gesunken. Mehr Solarenergie und Windkraft machten diesen Sommer teure Spitzenlastkraftwerke schon oft überflüssig. Aber die sinkenden Preise werden nicht an den Verbraucher weitergegeben. Das liegt teilweise an den Gewinnmargen, die die großen Stromkonzerne einfahren. Doch auch der Staat ist an den steigenden Strompreisen für den Endverbraucher nicht unschuldig.

Viele Kosten, die zurzeit für die Energiewende aufgewendet werden müssen, soll die Bevölkerung zahlen. So fließen in den aktuellen Preis die Netzentgelte und die Umlage für die erneuerbaren Energien ein. Diese Gebühren muss jeder Verbraucher zahlen, egal ob gut verdienender Manager oder Hartz-IV-Empfänger. Bei jedem ist der Anteil an der Stromrechnung gleich groß. Ob das sozial gerecht ist, fragt sich die Bundesregierung offenbar nicht. Denn Ausnahmen macht die Politik gerade eben nur bei denen, die besonders viel Energie brauchen und deshalb mit ihrem Verhalten erheblich zur Energiewende beitragen könnten. Die besonders stromintensive Industrie ist nämlich von den meisten Kosten für die Energiewende befreit.

Die Rede von der Gefahr der steigenden Energiepreise ist also nicht nur ein billiger Versuch, Kohle- und Atomkraft wieder zu legitimieren. Sie verschleiert auch die unsozialen Gründe der steigenden Preise. Gerechtigkeit ist etwas anderes.

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