Im Extrabeutel in die graue Tonne
Gebrauchte oder abgelaufene Arzneien sind gefährlich und sollten vor Kindern gesichert werden
Kürzlich berichtete die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA, wie gefährlich gebrauchte Schmerzmittelpflaster mit dem Wirkstoff Fentanyl sind. In den vergangenen 15 Jahren hat die Behörde 26 versehentliche Vergiftungen bei Kindern erfasst. Zehn Kinder starben. Das ist nur die Spitze des Eisbergs, meinen die Arzneimittelexperten der kritischen Zeitschrift »Gute Pillen - Schlechte Pillen«. Um nicht andere Menschen und die Umwelt zu gefährden und weil es kaum sinnvolle Ratschläge zur Entsorgung in Beipackzetteln und sonstigen Herstellerinformationen gibt, hat die Verbraucherzeitschrift Hersteller und Behörden gefragt. Die Antwortbereitschaft fiel unterschiedlich aus: Der Generikaanbieter ratiopharm reagierte gar nicht, der weltgrößte Konzern Pfizer verwies auf nationale Behörden. Die Firma Janssen erläutert immerhin die Möglichkeiten der Entsorgung und verlinkt zu den zuständigen Stellen.
Doch die haben unterschiedliche Prioritäten. So empfiehlt das Umweltbundesamt (UBA), nicht mehr gebrauchte Arzneimittel bei den Schadstoffsammelstellen abzugeben. Gute Idee für den Umweltschutz. Arzneimittelexperten bezweifeln allerdings, dass dies im Sinne des Kinderschutzes sinnvoll ist. Da Medikamentenreste nur von Zeit zu Zeit zur Sammelstelle gebracht werden, bleiben sie lange in der Wohnung liegen und gefährden Kinder. Dies gilt auch und sogar besonders für gebrauchte Schmerzmittelpflaster. Kaum jemand weiß nämlich, dass Pflaster mit stark wirkenden Schmerzmitteln wie Fentanyl noch die Hälfte der ursprünglich enthaltenen Wirkstoffmenge enthalten, wenn sie nach dreitägigem Gebrauch gegen ein neues ausgetauscht werden.
Die Empfehlung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte erscheint praktikabel: Die Pflaster sollen mit den Klebeflächen aneinander geklebt, unter den Hausmüll gemischt und im verknoteten Müllbeutel am besten direkt in die graue Mülltonne gebracht werden. Dies gilt gleichermaßen für andere Medikamente: Tabletten und Dragees sollen dabei aus den Blistern herausgedrückt und Flüssigkeiten ebenfalls in den Müllbeutel entleert werden, bevor dieser zugebunden in die Hausmülltonne kommt. Zwar wird ein Teil des Restmülls mechanisch-biologisch entsorgt. Er dürfte aber zumindest für Kinder keine Gefahr mehr bedeuten.
Auf keinen Fall dürfen Arzneimittel über die Toilette entsorgt werden. Wer gewässerschädigende Substanzen ins Klo wirft, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
Gute Pillen - Schlechte Pillen, Heft 3/2012, www.gutepillen-schlechtepillen.de
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.