Moody's ist dem Bund »egal«
Bund will heute trotz negativer Einschätzungen der Ratingagentur weitere fünf Milliarden Schulden machen
Die Ratingagentur Moody's sieht über Deutschland dunkle Wolken heraufziehen. Nachdem sie die Top-Bonität der Bundesrepublik im Sommer infrage stellte, wertete Moody's auch mehrere Bundesländer ab und senkte die Bewertung für die 17 wichtigsten Banken. An sich kommen solche Herabsetzungen die Benoteten teuer zu stehen - nicht so in diesem Fall.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will allein im dritten Quartal 71 Milliarden Euro neue Schulden machen, vor allem um alte Schulden zu tilgen. Für die technische Abwicklung ist die »Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur GmbH« zuständig. Doch die Bundesschuldenverwaltung gibt sich überraschend gelassen, wenn es um Urteile von Ratingagenturen geht: Es sei »egal, wie sie sich äußern«. Man habe nach negativen Äußerungen keine Veränderungen im Verhalten der Akteure festgestellt. Ihre Unabhängigkeit erklären sich die Schuldenmanager aus »den Fundamentaldaten, die für das Verhalten der Investoren eher entscheidend sind«. Dazu gehören neben Wirtschaftskraft, Steuereinnahmen und der Planbarkeit des Bundeshaushaltes auch die höchstmögliche Liquidität in der Eurozone, also die jederzeitige Handelbarkeit der Bundesanleihen. Sollte ein Investor doch zu einer negativen Risikoeinschätzung gelangen, fände er für seine Bundespapiere leicht Käufer.
Für Folker Hellmeyer eine Luxusposition: »Deutschland verdient noch Geld beim Schuldenmachen«, sagt der Chefanalyst der Bremer Landesbank. So spülte die letzte Auktion von Bundesschatzanweisungen Mitte August 3,77 Milliarden Euro in Schäubles Kassen - die Investoren nahmen dafür eine Rendite von durchschnittlich minus 0,0499 Prozent in Kauf. Trotzdem war die Auktion 1,3-fach überzeichnet - die Nachfrage also weit größer als das Angebot. Ähnliches wird auch für heute erwartet, wenn der Bund sich weitere fünf Milliarden Euro von den Banken pumpen will. Angesichts der Eurokrise suchen Banken und Versicherungen, Fonds und Reiche einen sicheren Hafen für ihr Kapital. Bundespapiere gelten, so Hellmeyer, als »ausfallsicher«.
Auch andere Länder bleiben unbeeindruckt von mäßigen Ratings und hoher Verschuldung. Beispiel Japan: Mit einer Schuldenquote von weit über 200 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ist der Inselstaat höher verschuldet als Griechenland, Irland oder Italien. Trotzdem wiegt die Staatsverschuldung für die 130 Millionen Japaner eher leicht - weil die Zinsen niedrig bleiben. »Das Beispiel Japan zeigt, dass es für den Status einer Währung als sicherer Hafen vor allem auf die Einschätzung des Marktes ankommt«, sagt Lutz Karpowitz, Analyst der Commerzbank. Zweifelsohne sei der Yen derzeit an den Fundamentaldaten gemessen spürbar überbewertet, doch gerade in Krisen würden solche Bewertungen in den Hintergrund treten.
Zudem spiegeln sich am Markt Gewohnheiten wider: »Die Devisenhändler sind es schlicht gewohnt, bei schlechten Nachrichten den australischen Dollar zu verkaufen und den Yen nachzufragen.« Solange die Händler so reagierten, werde der Yen aufgewertet, wodurch die Händler in ihrem Reaktionsmuster bestärkt würden. Ohnehin sei jede Einschätzung relativ: »Nicht zuletzt deshalb ist ein Dollar, Yen oder Franken noch immer besser als ein Euro, dessen Währungsgebiet auseinander zu brechen droht.«
Noch profitiert Schäuble davon, dass deutsche Staatsanleihen innerhalb des Euroraums als sicherster Hafen gelten. Anleger, die gegenüber den Peripherieländern skeptisch sind, müssen daher nicht unbedingt aus dem Euro aussteigen. Doch sollte sich die Eurokrise im Herbst erneut verschärfen, dürfte das auch den Sonderstatus der Bundesanleihen belasten.
Schuldenmacher
Der Schuldenstand des Bundes nach Eurokriterien beträgt über 1,3 Billionen Euro. Zinszahlungen, Kredittilgungen und die Neuschuldenaufnahme managt die »Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur GmbH«. Das Unternehmen wurde im Jahr 2000 gegründet. Die rund 300 Beschäftigten verkaufen vor allem Wertpapiere. Angeboten werden die Bundesanleihen auf regelmäßigen Auktionen der »Bietergruppe Bundesemissionen«, der 39 Großbanken angehören, so die britische Barclays Bank, die Deutsche Bank und die US-amerikanische Investmentbank Merrill Lynch. hape
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