Fingerabdrucksuche nach Wildkatzen

Bund Naturschutz fahndet mit Duftfallen nach den inzwischen wieder heimischen Tieren

  • Michaela Schneider
  • Lesedauer: 3 Min.
Wildkatzen waren hierzulande praktisch ausgestorben. So langsam tauchen die Tiere wieder auf. Doch es ist schwer, die scheuen Katzen zu zählen. Der Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) versucht sich nun an einer Bestandszählung mit einem genetischen Verfahren.

Zugegeben, Katzen haben keine Finger, eher Pfoten mit Zehen. Trotzdem arbeiten Experten jetzt mit dem genetischem »Fingerabdruck«, um herauszufinden: Wie viele Wildkatzen gibt es inzwischen in Deutschland? Jahrzehnte galt die Verwandte der Hauskatze hierzulande als ausgestorben. Jetzt fasst die Ureuropäerin in heimischen Wäldern wieder Pfote. Die Schwierigkeit beim Monitoring aber ist: Wie weist man ein Tier nach, das von Menschen nicht gesehen werden will - und äußerlich von einer getigerten Hauskatze kaum zu unterscheiden ist?

Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat deshalb zusammen mit dem Senckenberg Museum die Methode des genetischen Fingerabdrucks angepasst - bis dato aus der Kriminalistik bekannt. Ein Haar genügt manchmal, um herauszufinden, ob in einem Gebiet eine Wildkatze unterwegs war. Aber: Diese Haare müssen erst einmal gesammelt werden. Hier kommen zwei Unterfranken ins Spiel: Ulrike Geise aus Prosselsheim und Jürgen Thein aus Haßfurt betreuen für den Bund Naturschutz Bayern (ein BUND-Landesverband) das Wildkatzenmonitoring. Bis ins Jahr 2015 wollen sie zusammen mit Ehrenamtlichen herausfinden, wie viele der Tiere sich tatsächlich wieder in heimischen Wäldern ansiedeln konnten. Die Rede ist vom Projekt »Wildkatzensprung« - einer EU-geförderten Initiative, an der sich neun Landesverbände des BUND beteiligen.

Wie aber kommt man an Haarproben eines so scheuen Tieres wie der Wildkatze? Der Biologe Karsten Hupe hatte Ende der 1990er Jahre Kastenfallen mit Baldriantinktur als Lockstoff eingesprüht. An den Kästen fand Hupe später jede Menge Wildkatzenhaare: Wie auch andere Tiere markieren Wildkatzen ihr Revier nicht nur mit Urin, sondern auch, indem sie den Körper an bestimmten Gegenständen reiben - und anscheinend bevorzugen sie da Objekte, die nach Baldrian duften. Das macht sich der BUND nun beim Monitoring zunutze: Dabei werden einfache Holzpflöcke in den Erdboden eingeschlagen und mit Baldrian besprüht. Dann werden sie regelmäßig kontrolliert, die abgesammelten Haare genetisch untersucht. Im Rahmen des Projekts Wildkatzensprung sollen bis 2015 deutschlandweit in 16 Gebieten mit einer Größe von je 15 mal 15 Kilometer je 50 Lockstöcke aufgestellt und pro Winter 15 mal kontrolliert werden.

2004 hatte Theiß in den Hassbergen (nördlich von Bamberg) die ersten Lockstöcke gesetzt - und fand ein Jahr lang kein einziges Katzenhaar. Das hat sich verändert, der Spessart und inzwischen auch die Hassberge sind nachweislich Lebensraum von Wildkatzenpopulationen. »Die Wildkatze ist ganz klar auf dem Vormarsch«, freut sich Ulrike Geise. Das war nicht immer so: Mit Gift und Fallen wurden die Tiere bis Anfang des 20. Jahrhunderts gejagt, letzte Belege zu regelmäßigen Wildkatzensichtungen stammen aus dem Jahr 1911.

Erst Anfang der 1980er versuchten erste Initiativen, Wildkatzen wieder in heimischen Wäldern auszuwildern - allerdings mit mäßigem Erfolg. Intensiv konzentrierte man sich dann in den 90er Jahren auf die Ansiedlung im Spessart. Neu war: Die Wildkatzen wurden jetzt vor Ort aufgezogen und direkt aus den Gehegen frei gelassen.

Wie viele der Ureuropäerinnen heute wieder hierzulande leben, müssen die Forscher allerdings erst noch herausfinden - in Nordbayern gibt es 50 bis 200 und deutschlandweit zwischen 3000 und 5000 Wildkatzen, schätzt die 54-jährige Biologin. Die Zahlen sind vor allem deshalb recht ungenau, weil bisher über die genetischen Auswertungen des Senckenberg-Museums nicht analysiert wurde, ob Haare von einer einzigen oder verschiedenen Wildkatzen stammen. Das soll nun geschehen.

Zu sehen bekommt man Wildkatzen fast nur in Wildgehegen.

Foto: dpa/Caroline Seidel

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