Teure billige Energie

Konventioneller Strom kostet Kunden mehr als erneuerbarer

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) untersuchte die tatsächlichen Kosten der konventionellen Energieerzeugung.

Angesichts ständiger Warnungen vor den enormen Kosten eines schnellen Ausstiegs aus der Verstromung konventioneller Energieträger fordern ökologische Erzeuger und Verbände eine Besinnung auf die Fakten. Die »unsachliche bis hysterische Debatte« nebst »allerlei absonderlichen Forderungen bis hin zur Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)« gefährdeten andernfalls die Energiewende, warnte Marcel Keffenheim vom genossenschaftlichen Stromerzeuger Greenpeace Energy (GE) am Montag auf einer Pressekonferenz in Berlin. Vorgestellt wurde eine Studie, die GE und der Bundesverband Windenergie (BWE) beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) in Auftrag gegeben hatten. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass konventionelle Energieträger für den Verbraucher letztendlich wesentlich höhere Kosten als die Erneuerbaren verursachen. Diese würden den Verbrauchern allerdings nicht - wie die EEG-Umlage - auf der Stromrechnung präsentiert, sondern direkt aus dem Steueraufkommen finanziert, erläuterte die wissenschaftliche FÖS-Mitarbeiterin Swantje Küchler.

Die Liste der Fördertöpfe, aus denen sich die Stromkonzerne bedienen können, ist lang. Neben direkten Subventionen gibt es die Absatzbeihilfen für heimische Steinkohle, die Befreiung von Wasserentnahmeentgelten für Kühlkreisläufe, die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten für Kohlekraftwerke, die Steuerbefreiung für Rücklagen der AKW-Betreiber sowie weitere externe Kosten, wie z.B. für die Beseitigung von Umweltschäden. Auf den Zeitraum zwischen 1970 bis 2012 bezogen, ergeben sich daraus laut der Studie Kosten von 10,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde (kWh) Strom aus fossilen Energieträgern. Die derzeit in der Kritik stehende EEG-Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien beläuft sich dagegen auf 3,6 Cent. Dabei wird in der Debatte über die Umlage gern verschwiegen, dass der private Stromkunde mit seinem Umlagebetrag energieintensive Industriebetriebe subventioniert, da letztere von der Abgabe befreit sind. Ohne dieses Industrieprivileg würde die Umlage pro Kilowattstunde lediglich 2,4 Cent betragen

Küchler betonte, dass bei der Aufstellung einige gesamtgesellschaftlich finanzierte Projekte wie z.B. der Rückbau der ostdeutschen Atomkraftwerke und die Sanierung des maroden Atommülllagers Asse noch gar nicht eingerechnet seien. Dennoch ergibt sich - bezogen auf das Jahr 2012 - ein klares Bild von den tatsächlichen Kosten der Stromerzeugung, wenn man externalisierte Faktoren einbezieht: Der vermeintlich billige Atomstrom schlägt dabei mit 42,2 Cent pro kWh zu Buche. Braun- und Steinkohle kommen auf 15,6 bzw. 14,8 Cent. Bei Erdgas als günstigstem fossilen Energieträger sind es neun Cent. Noch deutlich günstiger schneiden Wind (8,1 Cent) und Wasser (7,6 Cent) ab.

Solarstrom kommt zwar aufgrund der langfristig garantierten Einspeisevergütungen für alle bislang installierten Anlagen auf den hohen Wert von 36,7 Cent pro kWh, doch dieser werde in den kommenden Jahren durch degressive Förderung neuer Module deutlich sinken, so Küchler. Nicht beziffert seien bei dieser Berechnung ferner die Kostenvorteile dezentraler Versorgungsstrukturen, die mit regenerativen Energieträgern wie Windrädern, Wasserkraftwerken und Photovoltaikanlagen realisiert werden können.

Die Studie im Internet:
www.greenpeace-energy.de/uploads/media/Stromkostenstudie_Greenpeace_Energy_BWE.pdf

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