Kein Anspruch des Vermieter ohne konkreten Anlass
Leserfrage zum Besichtigungsrecht
Ich möchte gern wissen: Wann darf der Vermieter die Mietwohnung betreten? Hat er ein allgemeines Kontrollrecht, so dass er zu jeder Zeit auch unangemeldet Zutritt zur Wohnung verlangen kann?
Johannes H., Berlin
Gleich vorweg gesagt: Nach Angaben des Deutschen Mieterbundes (DMB) hat der Vermieter kein generelles Besichtigungsrecht und erst recht keinen Anspruch auf einen Zweitschlüssel. Mit der Vermietung gibt der Vermieter sozusagen sein Hausrecht an den Mieter ab. Der Mieter hat Anspruch darauf, in seinen »eigenen vier Wänden« in Ruhe gelassen zu werden. Er kann somit auch bestimmen, wen er wann in die Wohnung lässt und wen nicht.
Steht der Vermieter an der Wohnungstür und begehrt Einlass, so muss der Mieter ihn nicht in die Wohnung lassen. Vermieter, Hausverwalter oder Hausmeister dürfen auch nicht mit Hilfe eines Zweitschlüssels die Wohnung betreten. Sie dürfen überhaupt keinen zweiten Schlüssel besitzen.
Besichtigungsrecht bei konkretem Anlass
Aber keine Regel ohne Ausnahme: In engen Grenzen müssen Mieter den Vermieter oder einem von ihm beauftragten Dritten Zutritt zur Wohnung gewähren. Denn wenn der Vermieter einen konkreten Grund oder besonderen Anlass für eine Wohnungsbesichtigung hat, muss der Mieter ihn in die Wohnung lassen.
Einen Anspruch auf Besichtigung hat der Vermieter zum Beispiel, wenn er in der Wohnung feststellen will, ob Mängel oder Schäden vorliegen beziehungsweise, wie schnell und in welchem Umfang Reparaturen notwendig sind. Betreten darf und muss der Vermieter oder ein von ihm beauftragtes Unternehmen die Wohnung auch, wenn die neu ausgemessen werden soll oder wenn die Messeinrichtungen für Heizungen oder Wasser abgelesen werden müssen.
Will der Vermieter die Wohnung neu vermieten oder das Haus verkaufen, darf er die Wohnung zusammen mit Interessenten oder einem Makler betreten und besichtigen. Der Mieter muss die Miet- oder Kaufinteressenten aber nur in seine Wohnung lassen, wenn sie zusammen mit dem Vermieter kommen.
In jedem Fall muss der Vermieter die Besichtigung aber rechtzeitig ankündigen. Bei dringenden Handwerkerarbeiten können 24 Stunden Vorlauf genügen. Im Regelfall ist aber von mehreren Tagen auszugehen. Das Ablesen der Heizkostenverteiler kündigen die Wärmemessdienstunternehmen 10 bis 14 Tage vorher an.
Besichtigungstourismus ist nicht zu akzeptieren
Grundsätzlich muss der Vermieter nach Darstellung des Deutschen Mieterbundes auf eine Berufstätigkeit des Mieters Rücksicht nehmen. Besichtigungstermine - insbesondere mit Kauf- und Mietinteressenten - müssen mindestens 14 Tage vorher vereinbart werden. Der Termin muss zu »üblichen Zeiten« angesetzt werden: werktags zwischen 10 und 13 Uhr oder 16 und 19 Uhr. Sind dem Mieter Termine nur ab 19 Uhr oder an Samstagen möglich, ist das zu berücksichtigen.
Dauer- und Massenbesichtigungen müssen Mieter auch in diesen Fällen nicht akzeptieren. Es reicht auch, wenn sie sich für Interessenten einen Besichtigungstermin einmal in der Woche für etwa 30 bis 45 Minuten frei halten. Ohne Erlaubnis des Mieters darf in seiner Wohnung auch nicht fotografiert werden. Er kann auch fordern, dass die Besucher ihre Schuhe ausziehen und Überschuhe benutzen.
Vermieter kann gerichtlich Schadenersatz fordern
Wichtig ist aber auch: Lässt der Mieter niemanden in die Wohnung, darf der Vermieter den Zutritt nicht mit Gewalt erzwingen. Dem Vermieter bleibt unter diesen Umständen nur die Möglichkeit, vor Gericht zu klagen und den Zutritt gerichtlich zu einzuklagen. Er kann auch Schadenersatzansprüche geltend machen, wenn sich die Weitervermietung durch das unzulässigen Verhalten des Mieters verzögert.
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