Jeder Siebte von Armut bedroht

Bundesregierung hält Hartz-IV-Sätze niedrig

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

In Deutschland steigt das Armutsrisiko dramatisch an. Die Quote erhöhte sich nach Angaben des Statistischen Bundesamts im vergangenen Jahr auf 15,1 Prozent. Sie liegt damit um 0,6 Prozentpunkte höher als 2010. Der Osten ist insgesamt stärker als der Westen betroffen. In den neuen Bundesländern sind einschließlich Berlin 19,5 Prozent der Bewohner armutsgefährdet, im früheren Bundesgebiet sind es 14 Prozent. Allerdings gibt es regionale Unterschiede. Hohe Quoten weisen etwa Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen auf, der Süden ist weniger arm. Bundesweit hat Bremen mit 22,3 Prozent die höchste Quote. Knapp dahinter liegt Mecklenburg-Vorpommern mit 22,2 Prozent, obwohl dort ein leichter Rückgang zu beobachten ist. Eine ähnliche Entwicklung gibt es ansonsten nur in Thüringen. Dort sank die Quote um 0,9 Prozentpunkte auf 16,7 Prozent.

Menschen gelten in der EU als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Bevölkerungseinkommens verfügen. In Deutschland sind das 848 Euro im Monat. Betroffen sind vor allem Rentner, Erwerblose, Geringverdiener und Kinder.

Die Bundesregierung reagierte auf die alarmierenden Zahlen mit Ignoranz. Schwarz-Gelb will die Hartz-IV-Sätze im Januar kommenden Jahres um lediglich acht Euro anheben. Sie steigen dann von 374 Euro auf 382 Euro. In der kommenden Woche soll im Kabinett ein entsprechender Rechtsverordnungsentwurf verabschiedet werden. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums wird eine Anpassung der Regelbedarfe auf Grundlage der Entwicklung der Löhne und Preise vorgenommen.

Oppositionspolitiker und Sozialverbände protestierten heftig gegen die geplante Regelsatzanpassung. »Angesichts steigender Ölpreise wird die Kaufkraft der Betroffenen sinken«, kritisierte der grüne Sozialpolitiker Markus Kurth. Deswegen seien acht Euro viel zu wenig. Zudem habe Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2010 zur Neuberechnung der Sätze »Rechenkniffe« angewandt. Auch Linksparteichefin Katja Kipping wies darauf hin, »dass die Regelsätze willkürlich nach unten manipuliert und auf einer falschen Grundlage ermittelt worden sind«. Nach Einschätzung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands begeht die Bundesregierung mutwillig einen erneuten Verfassungsbruch.

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