Außenminister wollen mehr EU

Gruppe um Guido Westerwelle veröffentlichte Papier für Reformen der Institutionen

  • Kay Wagner, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit Ausbruch der Eurokrise nehmen die Rufe nach einem Umbau der Europäischen Union zu. Die sogenannte Zukunftsgruppe aus EU-Außenministern fordert ein politisch und wirtschaftlich engeres Zusammenwachsen der EU-Länder.

Mehr Europa als Ausweg aus der Krise - der abgegriffene Wahlspruch scheint sich immer mehr in konkrete Vorstellungen zu verwandeln. Die Anzeichen, dass es in nicht allzu ferner Zukunft zu grundlegenden Veränderungen in der EU kommen wird, verdichten sich. Ein Beleg ist der diese Woche veröffentlichte Bericht von elf Außenministern.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle hatte die »Gruppe der Zukunft Europas« Anfang des Jahres ins Leben gerufen. Viermal traf er sich mit seinen Kollegen aus Belgien, Dänemark, Frankreich, den Niederlanden, Italien, Luxemburg, Österreich, Polen, Portugal und Spanien, um sich auf die jetzt veröffentlichten Standpunkte zu einigen.

Eine zentrale Rolle spielt die EU-Kommission. In ihr sehen die Minister künftig die wahre Regierung der EU. Ein direkt gewählter Kommissionspräsident soll die Mitglieder seiner »europäischen Regierung« selbst bestimmen. Bereits in den kommenden Monaten müssten zur Bewältigung der gegenwärtigen Krise die Kompetenzen in Wirtschafts- und Finanzfragen bei der Kommission gebündelt werden. Sie soll dauerhaft die unbestrittene Oberaufsicht über die nationalen Haushalte und die Einhaltung strenger Sparkriterien erhalten. Zudem gelte es, die Strukturen innerhalb der EU-Behörde neu zu ordnen. Ein System von Senior- und Juniorkommissaren schwebt den Außenministern vor. Außerdem sollte man sich Gedanken über die Zahl der Kommissare machen. Die heutige Regelung, dass jedes EU-Mitgliedsland einen Kommissar stellt, wird schon länger als die Arbeit hemmend kritisiert.

Um die Außenwirkung der EU zu stärken sei es unabdingbar, die Zuständigkeiten des Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik zu erweitern, insbesondere bei den Energieaußenbeziehungen, der Entwicklungszusammenarbeit und Handelspolitik.

Dem EU-Rat raten die Außenminister eine engere Zusammenarbeit mit der Kommission, etwa durch die Einsetzung eines gemeinsamen Präsidenten für beide Einrichtungen. Diese Idee unterstützen jedoch nicht alle Unterzeichner des Papiers.

Für das EU-Parlament fordert die Gruppe um Westerwelle eine generelle Stärkung, ohne wirkliche Rezepte dafür zu bieten. Vage wird davon geschrieben, dass es Ziel sein sollte, ein parlamentarisches Zwei-Kammersystem auch auf europäischer Ebene einzurichten. Bei Entscheidungen, die den Euro betreffen, sollen die Abgeordneten aus den Ländern mit Gemeinschaftswährung und denjenigen, die den Euro bald einführen wollen, mehr zu sagen haben als die anderen Abgeordneten.

Den Aufbau einer gemeinsamen EU-Armee unterstützen nicht alle der zwölf Außenminister. Sie sind sich aber darin einig, dass für die Änderung von EU-Verträgen künftig nicht mehr Einstimmigkeit erforderlich sein müsste. Eine »super-qualifizierte Mehrheit« solle ausreichen. An die Vertragsänderungen seien dann nur die Mitgliedsländer gebunden, die diese Änderungen ratifizieren würden. Wie das praktisch funktionieren könnte, führen die Minister nicht aus.

Westerwelle und sein polnischer Amtskollege feierten ihr Papier diese Woche in einem Artikel, der in der »New York Times« in den USA veröffentlicht wurde. Darin erklärten sie, die Krise nutzen zu wollen, um Europa stärker denn je auf der globalisierten Weltkarte hervortreten zu lassen.

Noch in diesem Jahr werden die vier Präsidenten des EU-Rats, der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und der Eurogruppe auf Bitten der EU-Staats- und Regierungschefs ihren Vorschlag für eine Neuordnung der EU vorlegen. Westerwelle und seine elf Amtskollegen haben ihr Papier diesen Präsidenten bereits zugeschickt.

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