Werbung

Welche Betriebsratsebene ist für den Sozialplan zuständig?

  • Gerd Siebert
  • Lesedauer: 3 Min.
Die gesetzliche Regelung für den Abschluss eines Sozialplans ist eigentlich klar und deutlich. Trotzdem kommt es immer wieder zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen den einzelnen Betriebsratsebenen: Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat, Konzernbetriebsrat. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), das diese Angelegenheit regelt, geht im einzelnen Betrieb grundsätzlich von der Zuständigkeit des Betriebsrats aus. Der Gesamtbetriebsrat ist dann zuständig, wenn in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben ein Sozialplan abgeschlossen werden soll. Allerdings müssen die Betriebsänderungen »das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen« und die Ausgleichsmaßnahmen durch die einzelnen Betriebsräte nicht regelbar sein (§ 50 Abs. 1). Das gleiche Verfahren gilt für den Konzern. Hier könnte der Konzernbetriebsrat den Sozialplan verhandeln und abschließen, vorausgesetzt, mehrere konzernzugehörige Unternehmen sind von Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG betroffen (z. B. Aufgabe bestimmter Produktionsbereiche, Zusammenlegung von Betrieben und Unternehmen, Umstrukturierung des Konzerns, Einführung grundlegend neuer Produktionsverfahren usw.). Die einzelnen Betriebsräte und die Gesamtbetriebsräte wären mit der Aufgabe, konzernweit geltende einheitliche Maßnahmen und Regelungen auszuhandeln, überfordert. Wichtig zu beachten ist, dass weder der Gesamtbetriebsrat gegenüber den Einzelbetriebsräten noch der Konzernbetriebsrat gegenüber den Gesamt- oder Einzelbetriebsräten weisungsberechtigt und ihnen übergeordnet ist. Sie können aber auf Regelungskompetenz sogar bestehen, sobald die zu regelnden Angelegenheiten die Möglichkeiten der jeweils »niederen« Betriebsratsebene übersteigen. Meistens sind es Betriebsräte in einzelnen Betrieben, die die Zuständigkeit der »höheren« Betriebsratsebene dann anzweifeln, wenn diese mit der Arbeitgeberseite - aus der Sicht des Betriebsrats - unzureichende Abmachungen getroffen hat. Zuletzt hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 23. Oktober vergangenen Jahres einen solchen Kompetenzstreit entschieden. Der Gesamtbetriebsrat eines Versicherungsunternehmens vereinbarte mit der Arbeitgeberin einen Interessenausgleich und einen Sozialplan mit Gültigkeit für 25 Bezirksdirektionen. Auf Grund einer neuen Organisationsstruktur sollten Teilbetriebsschließungen in den 25 Bezirken erfolgen, so auch im Bezirk des klagenden Betriebsrats. Dieser sah sich selbst und nicht den Gesamtbetriebsrat als zuständig für den Abschluss des Sozialplans in der betreffenden Bezirksdirektion an. Die auf seinen Antrag eingesetzte Einigungsstelle erklärte sich für nicht zuständig. Dagegen leitete der Betriebsrat ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, die Zuständigkeit der Einigungsstelle gerichtlich feststellen zu lassen. Alle drei Instanzen wiesen den Antrag zurück. Das BAG erklärte in seinem Beschluss vom 23. Oktober (Az. 7 ABR 55/01), die Einigungsstelle habe ihre Zuständigkeit zu Recht verneint. Die Regelungskompetenz des Gesamtbetriebsrats für den Sozialplan sei gegeben, weil die Betriebsänderung die Mehrzahl der Betriebe der Arbeitgeberin betreffe und ihre Durchführung »betriebsübergreifend einheitliche Kompensationsregelungen« erfordere. Das BAG hatte zur Zuständigkeitsfrage in einer anderen Angelegenheit schon am 11. Dezember 2001 (Az. 1 AZR 193/01) ein Urteil gesprochen, auf das das Gericht in diesem Zusammenhang noch einmal ausdrücklich hinwies.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.