Markus Kurze ist kinder- und jugendpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt und Landesvorsitzender der Jungen Union. Er ist verheiratet.
Der Landtag von Sachsen-Anhalt wird in der kommenden Woche die Änderung des Kinderbetreuungsgesetzes in ein Kinderförderungsgesetz verabschieden. Das Gesetz setzt den - nach langen und zähen Verhandlungen - zwischen CDU, FDP und SPD erarbeiteten Kompromiss zur künftigen Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt um. Das so genannte KiFöG (Gesetz zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen) sieht für alle Krippen- und Kindergartenkinder einen Rechtsanspruch auf eine mindestens fünfstündige tägliche Betreuung in einer Kindertagesstätte vor. Gehen beide Elternteile arbeiten, befinden sich in einer Ausbildung oder Umschulung, so bleibt eine Ganztagsbetreuung von zehn Stunden garantiert. Unser Land behält damit weiterhin das, im Vergleich zu allen anderen Bundesländern, beste Gesetz zur Förderung und Betreuung von Kindern in ganz Deutschland.
Der vorliegende Gesetzentwurf stellt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den Mittelpunkt. Wer Arbeit hat, weiß in Sachsen-Anhalt auch künftig sein Kind jedes Alters gut aufgehoben, betreut und gefördert in einer Kindertagesstätte. Die künftige Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt wird darüber hinaus einem Familienbild gerecht, das die Hauptverantwortung für die Erziehung von Kindern in der Familie selbst sieht. Das heißt, wer die Möglichkeit hat, sein Kind zuhause zu betreuen, soll dies zum überwiegenden Teil auch tun. Es heißt jedoch nicht, dass die Kinder nicht erwerbstätiger Eltern künftig von den Bildungs- und Förderangeboten der Kindertageseinrichtungen ausgeschlossen sein werden. Garantiert wird dies durch den Rechtsanspruch auf eine fünfstündige Tagesbetreuung für alle Kinder bis zum Schuleintritt.
Die notwendigen Änderungen bei der Kinderbetreuung sind einer Haushaltssituation geschuldet, die ohne eine nachhaltige Finanzpolitik Sachsen-Anhalt zukunftsunfähig machen würde. Die Kassen im Land sind - nach acht Jahren Rot-Rot - leer, die Zahlen so rot wie die Vorgängerregierung. Wenn wir beim vorliegenden Finanzchaos nicht die Notbremse ziehen, dann droht Sachsen-Anhalt der Gang zum Insolvenzrichter. Deswegen handeln wir, obwohl ein »Weiter so« auch für uns verführerischer wäre. Das Ziel unserer sparsamen Haushaltspolitik, die Neuverschuldung in diesem Jahr zu halbieren, ist mit dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf 2003 erreicht. Bis zum Jahr 2006 wollen wir diese Verschuldung auf Null senken. Vom Sparen in Sachsen-Anhalt wird, im Sinne einer gerechten Leistungsverteilung und mit der Zukunft unseres Landes im Blick, niemand ausgenommen.
Auch unpopuläre Maßnahmen wie die Änderung des Kinderbetreuungsgesetzes sind notwendig, um die Landesfinanzen zu konsolidieren. Was wir hierbei auf der einen Seite einsparen, geben wir auf der anderen Seite zum Teil in Form von neu formulierten Bildungsstandards und größeren Gestaltungsspielräumen für Träger und Kommunen zurück. Denn: Sparen fällt leichter, wenn es die Eigeninitiative stärkt und neue Handlungsspielräume eröffnet.
Dies haben wir auch in Bezug auf die Gesetzesänderung bei der Kinderbetreuung zur Grundlage unserer Entscheidungen gemacht. Das neue Kinderförderungsgesetz wird deshalb den Kommunen, Freien Trägern und Elternkuratorien ein außerordentlich hohes Maß an Flexibilität und Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Es werden Standards gelockert und an die Bedürfnisse vor Ort angepasst. Dazu zählt, dass künftig bestimmte festgeschriebene Raumflächen entfallen. Vielmehr ist es den Entscheidungsträgern vor Ort überlassen, die Räumlichkeiten »ausreichend kindgerecht zu bemessen«.
Auch beim Mindestschlüssel für das Fachpersonal sollen künftig der Träger der Einrichtung, das Elternkuratorium und der örtliche Träger der Jugendhilfe gemeinsam über Abweichungen vom bestehenden Personalschlüssel entscheiden können. Ebenso sollen Betreuungs- und Gesamtöffnungsdauer der Kindertageseinrichtung vor Ort festgelegt und an die Erfordernisse angepasst werden können. Alle genannten Änderungen, bei den Raumflächen ebenso wie beim Mindestpersonalschlüssel sowie der Öffnungs- und Betreuungsdauer, sollen den jeweiligen Verantwortlichen für die Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt mehr Gestaltungsmöglichkeiten an die Hand geben.
Auch Kinder haben Rechte und sollen diese, ihrem Alter entsprechend, vertreten dürfen. Deshalb finden sich im vorliegenden Gesetzentwurf auch Kindermitwirkungsrechte wieder.
Den Vertretern des Bündnisses für ein kinderfreundliches Sachsen-Anhalt und allen Kritikern rufe ich zu, den zwischen den demokratischen Kräften des Landtages von Sachsen-Anhalt ausgehandelten Kompromiss nicht zu zerreden. CDU, FDP und SPD haben mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine der Finanzsituation des Landes geschuldete und für alle Beteiligten bestmögliche Lösung gefunden. Nun gilt es für alle für die Kinderbetreuung in unserem Land Verantwortlichen, die neueröffneten Gestaltungsspielräume vor Ort auch zu nutzen.
Wer noch immer fordert, das derzeitige Niveau der Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt müsse erhalten bleiben, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt oder gehört zu jenen, die das finanzielle Chaos im Land mit zu verantworten haben. Wenn wir jetzt nicht haushalten, schaden wir zukünftigen Generationen. Wir sparen eben nicht auf Kosten unserer Kinder, sondern für die Zukunft unserer Kinder. Im Zusammenwirken mit allen Betroffenen werden wir auch weiterhin eine sozial verträgliche und qualitativ vorbildliche Kinderbetreuung gewährleisten, die nunmehr nachhaltig auf eine stabile finanzielle Grundlage gestellt ist.
Das neue Kinderförderungsgesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft. Für einen bestimmten Übergangszeitraum wird den Kommunen zur Sicherung der Umsetzung ein »Erschwernisausgleich« in Höhe von 15 Millionen Euro gezahlt. Rund 5 Millionen Euro der gesamten Einsparsumme stehen noch in diesem Jahr zum Abbau des Investitionsstaus im Bereich der Kindertagesstätten Sachsen-Anhalts zur Verfügung.
Ich möchte es noch einmal betonen: die Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt wird auch nach der Novellierung des Gesetzes die qualitativ beste in Deutschland sein. Wer daran zweifelt, dem sei ein Blick über »den Tellerrand« in andere neue Bundesländer empfohlen: einen Rechtsanspruch für alle Kinder auf eine täglich mindestens fünfstündige Betreuung haben weder Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg noch Sachsen oder Thüringen. Sachsen-Anhalt hat diesen Anspruch. Er ist durch eine breite parlamentarische Mehrheit nachhaltig gesichert.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.