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  • Kultur
  • Peter Hoppe malte auf 400 Quadratmetern den Plafond im Großen Saal des Freizeitforums Marzahn

Poetischer Malertraum

  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn am Freitag nächster Woche mit dem Kulturtrakt im Freizeitforum von Berlin-Marzahn der Große Saal für Konzerte, Unterhaltungsveranstaltungen, Konferenzen, Beratungen der Stadtparlamentarier zur Nutzung übergeben ist, wird der Blick frei sein auf den künstlerisch gestalteten Plafond, der bereits am 12. Juni fertig geworden war. Seine Deckengemälde, eine Kunstharzdispersions-Malerei auf knapp 400 Quadratmetern, schuf der Ost-Berliner Künstler Peter Hoppe (geboren 1938), unterstützt von Horst Goehler, der die Untermalung besorgte. Nach einheitsbedingten Irritationen und Verzögerungen konnte im Februar 1991 die Ausführung begonnen und nach etwa einhundert Tagen beendet werden. Schon 1986 begann die Entwurfsarbeit für die Decke, die durch ein selten glückliches Zusammenwirken der Architekten mit dem Künstler eine originäre Form erhielt.

Die vier Hauptflächen steigen schräg auf und bilden in ihren oberen Teilen Trapeze. Von den Oberkanten klappen vier kleinere Trapeze, darauf Stilleben, in den Raum zurück. Sie setzen sich zu einem Pyramidenstumpf zusammen und nehmen den vertikalen Leuchter auf. Von den Schrägkanten der Hauptflächen sind acht Dreiecke abgefaltet. Mit ihnen läuft die Decke zu den schmalen Lichtbändern an den Raumecken hin aus. Auf ihnen sind Szenen mit sich umarmenden, getrennten, sich annähernden, träumenden oder tanzenden Paaren zu sehen, Variationen auf das Thema Glück.

Es ist eine Malerei, deren figürliche Darstellung von expressiven Abstraktionen geprägt ist, die die Körperbewegungen und Gebärden in einfacher „Floskelform“ erfassen. Ohne Schema und darauf gerichtet, daß sich die Formen in der

Phantasie immerfort verwandeln im Schwebezustand des Erkennens. Lineare und kräftige Töne kontrastieren mit weichen, malerischen. Die zarte Pastellfarbigkeit wird von kräftigen Farbpartien unterbrochen. Alle Teile klingen, ähnlich einer sinfonischen Satzfolge, zusammen.

Die vielfigurigen Kompositionen der Hauptflächen stehen unter dem Titel „Der Morgen - der Tag - der Abend - der Traum“. Damit ist die große Traditionslinie der Tageszeiten-Bilder aufgenommen, jedoch ohne bewußtes Befragen der (barocken) Tradition und ohne vordergründig überkommene Allegorien und Attribute aufzunehmen. Wenige Punkte des Programms: „Der Morgen“ ist Geburt in gelb-orangener Wärme, ist Entstehen und Aufsteigen, das eine sehnsuchtsvolle, auffliegende Gestalt verkörpert. „Der Tag“ ist voll lebendiger Konfrontation, auch Kampf, mit einer hochstehenden Pseudo-Sonne, einem goldenen Kalb. In „Der Abend“ geben sich Liebende hin, bukolische Szenen, kontrastiert von einer Pietägruppe und Trauer; der Torso einer Nike ist zwiegesichtig. Auf einem Riesenfisch ruht in „Der Traum“ eine große Liegende, schöne, bekränzte Frauen (Musen) agieren.

In freier, poetischer Weise sind die Gestalten metaphorisch überhöht zu Topoi und Grundmustern, die mythologisch verankert sind. Hoppe gelangt damit zu einer lebendigen substantiellen Zusammenfassung seines bisherigen Werkes, er stellt sich Lebensfragen unserer Zeit. Das komplexe Bild lastet aber nicht als ein inhaltsschwerer „Deckel“ überm Raum, sondern kann „einfach“ als Malerei wirken, leicht, heiter, feierlich, mit der Klarheit durchdachter Gedanken und impulsiver Sinnlichkeit.

Dr. habil. PETER ARLT

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