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- Skull-Olympiasiegerin Jutta Behrendt will es noch einmal wissen
Nach Barcelona ohne Sporthilfe?
Im Moment sammelt sie Material für ihre Diplomarbeit. Das Thema: „Leistungs- und Belastungsprofil einer Skullerin in den Jahren 1981 bis heute“. Jutta Behrendt, eine waschechte Berlinerin, schreibt „mehr über mich selbst im Vergleich zu anderen, die auch erfolgreich waren, wie zum Beispiel Cornelia Linse oder Martina Schröter“ Ihre Leistungen früher konnten sich sehen lassen. 1988 war sie in Seoul Olympiasiegerin, zudem insgesamt fünfmal Weltmeisterin. Immer in der, Skullklasse, jenen Booten, in denen die Aktiven zwei Ruder zu betätigen haben.
Beim Aufzählen ihrer fünf WM-Titel muß sie schon überlegen, um alle Erfolgsstationen nennen zu können: 1983 in Duisburg im Einer, 1985 in Hazewinkel im Doppelvierer, 1986 in Nottingham im Einer, 1987 in Kopenhagen im Doppelvierer, 1989 in Bled ebenso. Jutta Behrendt war die Königin unter den Skullerinnen. Danach geriet sie in eine Flaute, die sie aus der neuen Nationalmannschaft verbannte. Für die beiden letzten Weltmeisterschaften konnte sie sich nicht qualifizieren. Das Ergebnis war fatal. Kein internationaler Leistungsnachweis und folglich auch keine Sporthilfe. Heute bezieht die
Olympiasiegerin ihr Einkommen aus einer ABM-Stelle beim Landesruderverband Berlin. Jutta Behrendt trainiert Mädchen und Jungen der fünften und sechsten Klasse. Wenn das vorbei ist, winkt Arbeitslosengeld. Oder?
Dieses Oder will sie möglichst umgehen, indem sie seit Monaten mit ihrer einst so gerühmten Beharrlichkeit versucht, noch einmal in die Olympiamannschaft für Barcelona zu kommen. Das hängt einzig von ihrer Leistung ab. Im deutschen Leistungssport könnte die Ruderin vom SC Berlin - rein theoretisch - für eine Einmaligkeit sorgen. Wenn sie eine Medaille gewinnt, wäre sie nämlich die einzige, die das ohne einen Pfennig von der Sporthilfe geschafft hätte.
Ihre Aussichten sind allerdings nicht gerade rosig. Denn bei der wichtigsten Entscheidung am 11. und 12. April in Köln mußten sämtliche Skullerinnen in einem Einer-Wettbewerb ihre Stärke nachweisen. Jutta Behrendt erreichte lediglich das B-Finale und wurde nur Dritte. Ihre Klubkameradin Beate Schramm ist so gut wie sicher für den Einer qualifiziert. Aber die Blondine wußte von vornherein, daß sie kaum eine Chance haben
würde, in dieser Klasse ihren Sieg von Seoul zu verteidigen. Ihre Hoffnungen gründeten sich auf einen Platz im Doppelvierer. In diesem Boot ist noch ein Sitz frei. Und um den kämpft sie Anfang Mai in Halle. Hier muß sie 1,8 Sekunden schneller sein als die Leipzigerin Kerstin Müller. So schreibt es das für einen Laien kaum begreifliche Qualifikations-Regelement vor. Die harten Belastungen des Trainings - am Tag rudert sie heute etwa 40 km, insgesamt kommt eine Äquator-Umrundung heraus nimmt sie auf sich, „weil ich es mir in den Kopf gesetzt habe, noch einmal Olympia zu erleben“ Da spielt ihr Ehrgeiz mit, es in einem gewissen Alter den Jüngeren zu beweisen. Jutta Behrendt ist 31. „Schaffe ich es nicht, dann lebe ich trotzdem mit der inneren Genugtuung, alles versucht zu haben. Die Erfahrung, an Besseren gescheitert zu sein, muß nicht die schlechteste sein.“
Betreut wird sie immer noch von Rita Bludau. „Ist sie hart?“ „Ja, aber das ist gut so. Einen Trainer muß man hassen und lieben, dann kommt am meisten dabei heraus.“ Für sie noch die Fahrkarte nach Barcelona zum olympischen Comeback?
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