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  • Kultur
  • 16. Duisburger Filmwoche wollte „Bekanntes entdecken“

Der 6. Kontinent – ein Ort, wo jeder Ausländer ist

  • Lesedauer: 3 Min.

Alltägliche ,%serffl auf de,n Autobahnen, „ ? „t » alltägliche):-: Frust nach der 'Wende:- v.Be* kanntes entdecken“ wollte die 16. Duisburger Filmwoche, bei der ausschließlich Dokumentarfilme gezeigt und oft heftig diskutiert wurden. 26 thematisch und formal unterschiedliche Filme aus dem deutschsprachigen Raum waren ausgewählt worden.

Rabiat ins Bild setzen Othmar Schmiderer und Harald Friedl landschaftszerfressende Autobahnarchitektur, die „Mobile Stabile“ Gesellschaft drängt die sprachlos gewordenen Menschen an den Rand der lärmenden Strecke. Da findet der „Autobahn-Krieg“ statt: Vielfahrer im Sog des Geschwindigkeitsrausches, von Thomas Schadt gekonnt

ad- abswrdum^gef ührt.“ Um- den Krieg in-Jugoslawien geht es ifi'St^ätf'Säräan^fSFilm 1 'für einen Vater“- Mit poetischen Mitteln und einfühlsamen Bildern schildern er und Bernd Reufels das Alltagsgeschehen auf dem Weg nach Kroatien. Ein sehr persönlicher Film (Sarazin wollte seinen Vater besuchen), dessen Schreckensbilder sich ganz anders als in den Fernsehnachrichten präsentieren. Mit „Wieland Förster“ führte Peter Voigt, der sich ganz auf die Person des Bildhauers konzentriert, das erschütternd genaue Protokoll einer Gefangenschaft. Sein dreiteiliger Film geht zurück auf die biographische Station Försters, der nach Kriegsende, als Nazi denunziert, mehrere Jahre im Gefängnis zubringen mußte.

-? ^Täters und ihren Motiven nachzuspüren ist oft schwieriger 1 , in «'De* schwarze Kasten“ leuchten Tamara Trampe und Johann Feindt die Innen- und Außenwelt des „Schreibtischtäters“ Dr. Jochen Girke aus, der als Dozent für „Operative Psychologie“ für die Ausbildung von Mitarbeitern der Staatssicherheit verantwortlich war. Der Österreicher Egon Humer war auf dem Festival gleich zweimal vertreten: In „Schuld und Gedächtnis“ erinnern sich vier damals hochrangige Nationalsozialisten in abgebrühtem Plauderton ihrer Vergangenheit. Formal völlig verschieden, im Rap-Rhythmus geschnitten, zeigte „Running Wild“ Wiener Streetgangs, Ausländergruppen (unter ihnen Serben und Kroaten Seite an Seite) gegen rechtsgerichtete Hooligans,

und^-deren *Vorbild-ist*-^Rostock. ? -?.,

Ste¥an“ J Äusts i SpiegeFTV sieht „Eine Woche in Rostock“ aus der Totalen: berstende Aggression der Bevölkerung versus (beabsichtigte?) Unfähigkeit und Ohnmacht von Polizei und Politikern. Als Nahaufnahme richtet Thomas Heise den Blick auf eine Gruppe orientierungsloser Jugendlicher in Halle. Gemeinsam brüllen sie in „Stau - jetzt geht's los“ schon mal „Sieg Heil!“; einzeln befragt, tauchen Gefühle auf, Sehnsucht nach dem alten System, das sie eingebunden und nicht alleingelassen hatte. Weil sie sich nicht gebraucht fühlen, entsteht übergroßer Frust, aus dem heraus drauflosgeschlagen wird. Heises Film, der weder denunziatorisch noch so-

zialpädagogisch zmrersteben; ist, bekam den Deutschen'Do-j kumentarfilmpreis in Höhe* von 15 000 DM. Den Förderpreis von 5 000 DM plus Filmmaterial erhielt Alexander Rodnyansky für „Good bye UdSSR“, eine der wehmütigen Bestandsaufnahmen einer Welt, in der alles darauf abzielt, Beziehungen zwischen Menschen zu zerstören.

Dennoch werden Träume von einem geglückten Zusammenleben von Außenseitern auch manchmal wahr, etwa in „Wen die Götter lieben“ von Johannes Holzhausen. Und der Schweizer Benno Maggi nennt den Ort, an dem jeder Ausländer ist und seinen Platz finden kann oder schon gefunden hat: Es ist „Der 6. Kontinent“.

SYLVIE BRACKENHOFER

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