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  • Wirtschaft und Umwelt
  • Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) kritisiert Preise für Elektroenergie

Strom ist in neuen Ländern bis zu 30 Prozent teurer

  • JÖRG STAUDE
  • Lesedauer: 4 Min.

Im Rudolstadt bei der Thüringer Faser AG Schwarza steht eines der modernsten kombinierten Gas-und Dampfkraftwerke Ostdeutschlands. Die GuD-Anlage liefert Strom und Wärme fürs Unternehmen, kann durch die umweltverträgliche Kraft-Wärme-Kopplung den Brennstoff Erdgas zu 85 bis 90 Prozent ausnutzen.

Jetzt, im Sommer, benötigt die Faser AG nicht so viel Wärme wie im Winter - dementsprechend weniger Strom kann mit hohem Wirkungsgrad selbst erzeugt werden. Die Faser AG wollte deswegen vier Megawatt elektrische Leistung beim Regionalversorger, der Jenaer Ostthüringer Energieversorgung (OTEV), zukaufen. Doch die verlangte für ihren Sommerstrom einen viel zu hohen Preis. Die Folge: Die Faser AG kauft nur zwei Megawatt bei der OTEV und erzeugt die restlichen zwei zusätzlich im eigenen Kraftwerk - diesmal aber wie ein übliches Großkraftwerk im Kondensations-

betrieb, ohne die gekoppelte Nutzung der Abwärme. Der Wirkungsgrad sinkt auf 35 Prozent.

Umweltpolitisch ist das ein Skandal, abgesehen von der Verschwendung des wertvollen Erdgases. Die viel zu hohen Strompreise in Ostdeutschland beklagt auch der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e.V. (VIK). Diese lägen in den neuen Ländern um bis zu 30 Prozent über dem westdeutschen Niveau, erklärte VIK-Geschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Budde am Montag gegenüber Journalisten in Berlin.

Als Beispiel für die 30 Prozent mehr und die Preistreiberei der Regionalversorger prangerte Budde die Berliner BEWAG an, die die Strompreise des Ostberliner Versorgers EBAG inzwischen dem Westberliner Niveau voll angeglichen hat - obwohl die EBAG ihren Strom nicht wie die BEWAG im teuren „Inselbetrieb“ selbst erzeugen muß,

sondern diesen so preiswert wie alle anderen ostdeutschen Regionalversorger aus dem Überlandnetz einkaufe. Auch das BEWAG-Argument der hohen Investitionen in Ostberlin ließ Budde nicht gelten. Diese Gelder müßten auch die anderen ostdeutschen Versorger ausgeben - und trotzdem seien die Preise nicht so extrem hoch. Die anderen „rechneten einfach knapper“, meinte der VIK-Geschäftsführer.

Für Budde ist katastrophal, daß die Berliner Landeskartellbehörde einen Antrag des VIK auf Einleitung eines Mißbrauchsverfahren abschlägig beschied. Die Behörde habe argumentiert, daß die Preise in rfen meisten EVU in den neuen Ländern noch nicht hinreichend auf Kostenbasis kalkuliert sind. Sie kümmere sich offensichtlich weniger um das Wohl der industriellen Verbraucher als das der EVU.

Eine Änderung der Verhältnisse verspricht sich der VIK, wenn mehr Wettbewerb in die deutsche Strombranche ein-

zieht und die Industrie den Strom nicht länger gezwungenermaßen vom „zuständigen“ Regionalversorger beziehen muß, sondern europaweit frei einkaufen kann.

Die Beziehungen zwischen Industrie und Stromwirtschaft regelt seit 1979 in Westdeutschland eine Verbändevereinbarung. Was die Einspeisung von Industriestrom ins Netz betrifft, sei diese ein „Erfolg“ geworden,, betonte Budde, was aber die freie Durchleitung des Stroms angehe, ein „Flop“. Prinzipiell sei es für Industrieunternehmen bereits seit dieser Vereinbarung möglich, innerhalb eines Versorgungsgebiets eigenerzeugten Strom von einem Betriebsteil zu einem anderen durchzuleiten. Seit 1979 sei jedoch kein derartiger Fall bekannt geworden. Das verhinderten entsprechende Festlegungen, die das Durchleiten des Stroms durch die Netze Dritter ungemein verteuerten.

Der VIK unterstützt deshalb. vehement die Absicht der EG-

Kommission, mit einem Durchleitungsrecht für Dritte (englisch als TPA abgekürzt) in Europa die Netze für Strom und Gas zu liberalisieren. Derzeit schmort der Entwurf dazu in den Ausschüssen des Europäischen Parlaments. Auf das Inkrafttreten des TPA üben besonders die deutschen Stromkonzerne einen starken Gegendruck aus, sie sehen ihre gesicherten Absatzgebiete und Gewinne gefährdet. VIK-Geschäftsführer Budde rechnet deshalb damit, daß voraussichtlich nur ein abgeschwächtes Durchleitungsrecht verabschiedet werden wird. Dieses müsse dann zwischen den Parteien „verhandelt“ werden.

Sollte es so kommen, wird sich an der faktischen Monopolstruktur der deutschen Stromwirtschaft wohl kaum etwas ändern, und die Regionalversorger können mit ihren Kunden, siehe Schwarza, weiterhin machen, was sie wollen - auch wenn es der Umwelt völlig abträglich ist.

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