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Viel Zündstoff schon vor dem Bundesliga-Saisonauftakt

ND-Interview mit Dresdens Präsident Rolf-Jürgen Otto wirbelte Staub auf/ Dynamo-Elf empfängt am Sonnabend Bremen Von HORST RICHTER

  • Lesedauer: 4 Min.

Das ND-Interview (Mittwochausgabe) mit Dynamo Dresdens Präsident Rolf-Jürgen Otto hat für viel Zündstoff gesorgt. So am Mittwoch bei einer Präsentation der neuformierten Mannschaft des 1. FC Dynamo Dresden im Zentrum der sächsischen Metropole und am Abend bei einem Forum im Kasino des einzigen Ostvereins der 1. Fußball-Bundesliga, an dem Vertreter der Fußballvereine aus Leipzig, Chemnitz und Zwickau teilnahmen. Das Forum wurde vom MDR, Radio Sachsen original übertragen und hat wohl Hunderttausende an die Lautsprecher gelockt.

„Ich möchte keine Reklame für das ND machen, aber was da am Mittwoch so ausführlich im Sportteil dieser Zeitung

stand, hat nach meiner Meinung exakt Roß und Reiter benannt“, meinte Otto zum Forumauftakt. Der Dynamo-Präsident begründete unter starkem Beifall der vielen Fußballfans seine Vorwürfe an den DFB, der es versäumt habe, den Vereinen im Osten beim Einstieg in die Marktwirtschaft wirklich zu helfen. Dafür wurden Beispiele genannt: 1,9 Millionen DM erhielt Dynamo Dresden für Matthias Sammer, den Stuttgart dann für 9 Millionen DM weiterreichte - ohne daß Dresden davon noch einen Pfennig sah, weil beim Verkauf das „Kleingedruckte“ außer acht gelassen worden war. In gleicher Weise wurde die Unerfahrenheit von Vereinsführungen im Osten dutzendfach ausgenutzt. Der DFB nahm all das nur zur Kenntnis.

Otto hatte im ND-Interview auch die Haltung des NOFV-Präsidenten Hans-Georg Moldenhauer in manch grundsätzlichen Fragen kritisiert, die für die Erhaltung der Substanz des Fußballs im Osten von Bedeutung sind. Moldenhauer verdient Respekt dafür, daß er sich am Mittwochabend spontan entschloß, sich per Mikrofon aus Magdeburg in das Dresdner Forum einzuschalten. So kam endlich ein direkter Argumenteaustausch zustande, der eigentlich schon lange hätte in Gang gesetzt werden müssen. Denn: Der NOFV-Präsident war nicht nur einmal zu Bundesligaspielen im Harbig-Stadion. „Bei sachlichen Debatten“, so Moldenhauer zu Otto, „sitzen wir wohl meist im gleichen Boot.“

Die Diskussionsteilnehmer vom VfB Leipzig mit Ge-

schäftsführer Dr. Klaus Dietze und Co-Trainer Damian Halata, Trainer Reinhard Hafner vom Chemnitzer FC sowie Manager Horst Göhler und Trainer Gerd Schädlich vom Zweitliga-Aufsteiger FSV Zwickau unterstützten den Dynamo-Präsidenten in vielem, verwiesen jedoch auch auf mangelndes Engagement im kommunalen Bereich, das manche Vereinspleite verursacht. Auch offensichtlich hausgemachte Schwierigkeiten beim

Dresdner Bundesligisten wurden von ihnen nicht verschwiegen. Ebenso die Hilfe, die sie vom DFB erhielten.

Otto bestritt das nicht, hielt dem jedoch entgegen, daß nach der Wende 20 DDR-Vereine angetreten waren, von denen nun mal gerade noch fünf übrig geblieben seien. „Wer wolle da sagen, es ginge nicht

bergab?“ fragte Otto. Man habe Biedenkopf nach Sachsen geschickt, viele Westmanager, Banker und Tausende Verwaltungsfachleute. Warum hat nicht auch der DFB wenigstens zwei Fachberater für Vereinsrecht und Finanzen für den Osten übrig gehabt, sondern nur Strafrichter für Fehler, die aus Unkenntnis unterliefen? Eine höchst berechtigte Frage! Weit mehr als tausend Dynamo-Fans waren bei der Mannschaftspräsentation am frühen Nachmittag auf der Prager Straße im Stadtzentrum dabei. Da gab es nicht nur eine „Raritäten-Versteigerung“ aus dem „Nachlaß“ ehemaliger und aktueller Dynamo-Spieler, die über 2 000 Mark für das Kinder-Epilepsiezentrum Kleinwachau einbrachte, wobei als erstes der „Erfolgsschlips“ von Trainer Held für

120 DM an einen Dresdner Fan aus Hannover wegging und die Trikots der ehemaligen Dynamo-Größen „Dixie“ Dörner und Ralf Minge für je 125 Mark unter den Hammer kamen.

Es gab natürlich auch viele Fragen an Spieler und Trainer und viel Aufmunterndes. „Zeigen Sie weiter Rückgrat für den Fußball im Osten. Es geht auch um das Saisonziel der Dresdner Mannschaft: Überleben in der ersten Bundesliga“, wurde Dresdens Präsident Otto zugerufen. Trainer Held gab sich zum bevorstehenden Bundesliga-Auftakt, bei dem seine Elf am Sonnabend im Harbig-Stadion (15.30 Uhr) den Pokalsieger Werder Bremen empfängt, wie immer zurückhaltend und meinte kurz und knapp: „Wenn meine Mannschaft ins Laufen kommt, bin ich optimistisch.“

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