Bush bereitet »ersten Krieg des 21. Jahrhunderts« vor

Kongress ermächtigte den Präsidenten zum Einsatz des Militärs

  • Lesedauer: 4 Min.
In den USA läuft der Countdown für eine Vergeltung gegen Helfer und Drahtzieher des verheerendsten terroristischen Anschlags in der Geschichte des Landes. Präsident George W. Bush hat versichert, dass die USA diesen »ersten Krieg des 21. Jahrhunderts« gewinnen würden. Kampfpiloten auf US-Stützpunkten sind in Alarmbereitschaft. Es wird an die Einberufung von bis zu 40000 Reservisten gedacht.
Washington/London (ND/Agenturen). Der amerikanische Kongress hat am Freitag USA-Präsident George W. Bush ermächtigt, das Militär gegen Urheber und Helfer des internationalen Terrorismus einzusetzen. Senat und Abgeordnetenhaus bewilligten in Washington außerdem 40 Milliarden Dollar für den Kampf gegen den internationalen Terrorismus und den Wiederaufbau zerstörter Einrichtungen. Eine einstimmig verabschiedete gemeinsame Resolution der beiden Parlamentskammern ermächtigt Bush, »alle erforderlichen und angemessenen Kräfte gegen Länder, Organisationen und Personen einzusetzen, die nach seiner Entscheidung die terroristischen Angriffe geplant, autorisiert oder unterstützt haben«. In New York gingen bei der Polizei innerhalb eines Tages an die 90 Bombenwarnungen ein. Immer wieder wurden öffentliche Gebäude geräumt und kontrolliert, darunter auch der Sitz des Parlamentes, das Capitol in Washington. Vize-Präsident Dick Cheney verließ nach offiziellen Angaben aus Sicherheitsgründen Washington und fuhr auf den Präsidenten-Landsitz Camp David. Auf Wunsch des Verteidigungsministeriums der USA hat Präsident Bush die Mobilisierung zehntausender von Reservisten der Streitkräfte autorisiert. Nach Mitteilung des Ministeriums vom Freitag sollen die aktivierten Reservisten für Sicherungsaufgaben in den USA eingesetzt werden. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte, landesweit stünden Abfangjäger in Startbereitschaft. Sie seien von 26 Militärbasen aus innerhalb von 15 Minuten in der Luft. Militärflugzeuge kontrollierten zudem den Luftraum über der Hauptstadt Washington und sieben weiteren Städten. Die nach den Anschlägen weltweit umgeleiteten Verkehrsmaschinen begannen in die USA oder ihre Heimat zurückzukehren. Aus Europa konnten nur amerikanische Fluglinien in die USA starten. Rumsfeld betonte, die USA hätten noch nicht entschieden, ob Osama bin Laden hinter den Anschlägen stecke. So weit sei es noch nicht. Rumsfeld nannte in diesem Zusammenhang auch Irak. Zuvor hatte Außenminister Colin Powell bestätigt, dass bin Laden ein Hauptverdächtiger sei. Dem in Saudi-Arabien geborenen bin Laden und seiner Organisation moslemischer Extremisten werden mehrere Anschläge auf US-Einrichtungen zur Last gelegt. Er hat nach Ansicht von Experten in bis zu 60 Ländern ungefähr 3000 militante Anhänger, darunter die meisten in Ägypten, und soll sich in Afghanistan unter dem Schutz der Taleban aufhalten. Deren Chef, Mullah Mohammad Omar, bekräftigte, dass für die Organisation der Anschläge nicht bin Laden verantwortlich sei. Dies könne nur von einer Regierung ausgehen. Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz sagte, die USA würden nicht mit einem einzigen Militärschlag Vergeltung üben. »Es wird ein Feldzug, keine einmalige Aktion«, sagte er am Donnerstag in Washington. »Das tut man auch nicht mit Militärkraft alleine. Da setzt man alle Kräfte der US-Regierung dafür ein«, fügte er hinzu. Das Parlament diskutierte bis in die frühen Morgenstunden des Freitag die parteienübergreifende Resolution, die Präsident George W. Bush zur Entscheidung über einen Vergeltungsschlag ermächtigt. »Wir müssen gemeinsam handeln und dem Präsidenten die Macht geben, die er braucht«, sagte der demokratische Fraktionschef Richard Gephardt. Das Transportkommando der US-Marine hat sich nach Maklerangaben vom Freitag um die Buchung zweier Öltanker bemüht und einen weiteren Tanker gebucht. Zwei Tanker sollten 235000 Barrel Treibstoff (1 Liter = 159 Liter) für die Marine von Kuwait zum Marinestützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean und von Südkorea nach Japan bringen, teilten Schiffsmakler in London und Oslo mit. Den unter zyprischer Flagge fahrenden Tanker Presnya habe die Marine gebucht, um 28000 Tonnen Kerosin von Griechenland nach Südspanien zu bringen. Der Termin für die Verladung des Schiffsdiesel sei für 25. bis 27. September geplant. Das Kerosin werde am 15. September verladen. Die USA erwarten offenbar nicht, dass sich Deutschland an einem eventuellen Vergeltungsschlag mit eigenen Truppen beteiligt. Dies ging aus einer Äußerung des amerikanischen Botschafters Dan Coats am Freitag in der ARD hervor. Zunächst sei sorgfältig zu prüfen, was zu tun sei und wer sich an einer Aktion gegen den internationalen Terrorismus beteiligen solle. Die Deutschen hätten sich bereit erklärt, sich im Rahmen der NATO daran zu beteiligen. »Wir wissen noch nicht, in welcher Form. Diese Pläne werden gerade erarbeitet. Zuerst müssen wir sicher sein, wer die Tat verübt hat. Und dann müssen wir den besten Weg entscheiden, um diese terroristische Gefahr zu beseitigen.«
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -