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Finanzämter im Test

Wirtschaftsmagazin Capital stellt Nord-Süd-Gefälle fest

  • Uwe Witt
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach einem Test des Wirtschaftsmagazins Capital hat Baden-Württemberg die besten Finanzämter, Brandenburg die schlechtesten.
Nicht wenige der zur Steuererklärung Verpflichteten sind vom Prozedere überfordert. Steuerberater und Lohnsteuerhilfevereine leben davon. Umso ärgerlicher ist, wenn das Finanzamt Rat suchender Bürger abwimmelt, Bescheide falsch ausstellt oder im Schneckentempo arbeitet. Der Frust über Steuereintreiber lässt sich schon auf ägyptischen Papyrusrollen nachlesen. Um herauszubekommen, wie präzise die einzelnen 572 Finanzämter 2004 arbeiten, verschickte das Bonner Wirtschaftsforschungsinstitut Europressedienst im Auftrag der Zeitschrift Capital an 4300 Steuerberater und 1850 Lohnsteuerhilfevereine Fragebögen. Zudem wurde bei 4200 Privathaushalten und allen Finanzämtern telefonisch recherchiert. Nach dem Ergebnis der Untersuchung existieren bei der Qualität der Finanzämter gravierende Unterschiede: »Das Prinzip Zufall entscheidet, was netto vom Einkommen übrig bleibt«, erklärte gestern Capital-Chefredakteur Kai Stepp in Berlin. Ein einheitliches Vorgehen der Steuerverwaltung gebe es nicht, der Umgang mit Bürgern, der Service und der Kenntnisstand über Gesetze, Urteile oder Erlasse sei vom Amt zu Amt verschieden. Die danach folgenden Details trugen die harsche Kritik des Unternehmer-Magazins aber nicht ganz. Immerhin meinen nur knapp 2 Prozent der Befragten, die Bescheide gäben Grund zu gerichtlichen Klagen. Laut der Untersuchung hat Baden-Württemberg insgesamt die besten Finanzämter, Brandenburg die schlechtesten. Weil Bayern und Nordrhein-Westfalen ebenfalls gut abschneiden, während - neben Brandenburg - auch Niedersachsen und Thüringen kein gutes Bild abgeben, spricht das Magazin von einem Süd-Nord-Gefälle, bei dem mit - Ausnahme von Sachsen - auch der Osten nicht gut weg kommt. Laut Capital heben sich 17 Prozent der Finanzämter negativ oder sehr negativ vom großen Rest ab. Dabei sei ein Zusammenhang zwischen der Personalausstattung und dem Testergebnis kaum herstellbar: Länder mit vergleichbarer Personalstärke landen auf unterschiedlichen Rängen. Nach dem Test ist deutschlandweit jeder siebte Steuerbescheid fehlerhaft. Vor allem werden Ausgaben nicht anerkannt oder Freibeträge und Pauschalen nicht berücksichtigt. Die bekanntesten Streitfälle sind hier Werbungskosten und Betriebsausgaben. Häufig sind es auch simple Übertragungs- oder Rechenfehler, die zu Unmut und unnötigen Schriftverkehr führen, gelegentlich wird die aktuelle Rechtsprechung nicht beachtet. Die Steuerberater und Lohnsteuerhilfevereine halten nur etwa 50 Prozent der Finanzämter bei der Kenntnis der aktuellen Gesetze, Anweisungen und Urteile für wirklich fit. Einige Ämter kommen insgesamt auf eine Fehlerquote von 50 Prozent. In dieser sind allerdings neben den erwähnten Streitpunkten auch Meinungen wie »Fiskus vertritt eine ungünstige Rechtsauffassung« eingegangen. Die Trennung von tatsächlichen Fehlern und naturgemäß strittigen Positionen dürfte so kaum möglich sein. Klarer abzugrenzen sind dagegen die Bearbeitungszeiten. Im Schnitt verschickten nur 11,4 Prozent der Dienststellen einen Steuerbescheid bereits innerhalb der angestrebten vier Wochen. Fast 40 Prozent benötigten zwischen vier und acht Wochen, knapp die Hälfte brauchte sogar länger als 12 Wochen. Wer übrigens seinen Steuerbescheid mit dem elektronischen System Elster versendet, verhindert damit nur die eigenen Fehler. So bleibt am Ende: Bescheid gut prüfen und im Zweifelsfall Einspruch einlegen! Über die Hälfte der Steuerzahler sind damit erfolgreich.

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