Weltrekordsprung reichte nur für Platz drei

Hildrun Laufer-Claus wird heute 65 Jahre alt

  • Jochen Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Blumenstadt Erfurt war für die einstige Weitspringerin Hildrun Laufer-Claus, die heute ihren 65. Geburtstag begeht, ein besonderer Meilenstein in ihrer sportlichen Laufbahn. Dort sprang sie bei den Ausscheidungswettkämpfen zwischen der DDR und der BRD am 7. August 1960 für die gesamtdeutsche Olympiamannschaft in Rom zunächst mit 6,36 m neuen Weltrekord. Das war ein Zentimeter weiter, als der seit 1956 gültige Weltrekord der Polin Elzbieta Krzesinska. Damit an der Spitze liegend setzte sie in ihrem letzten Versuch alles auf eine Karte und landete bei der neuen Rekordmarke von 6,40 m. Mit diesem Sprung stand fest, dass sie sich für die Olympischen Spiele qualifiziert hatte. Dort erkämpfte die damals erst 21-Jährige mit 6,21 m die Bronzemedaille hinter Wera Krepkina (UdSSR/6,38 m) und Elzbieta Krzesinska (Polen/6,27 m). Erfurt spielte im Leben von Hildrun Claus - so ihr Mädchenname - auch insofern eine besondere Rolle, weil sie sich hier auf der Cyriaksburg zahlreiche Anregungen für ihren späteren Beruf holte. Sie war 1959 von Dresden nach Berlin gewechselt, wo sie beim SC Dynamo bei Heinz Birkemeyer trainierte und an der Humboldt-Universität das Studium für Landschaftsarchitektur aufnahm. Bei allen Reminiszenzen, die es im Kreise der Jubilarin heute geben wird, kommt garantiert auch einer der kuriosesten Weitsprungwettbewerb zur Sprache. Am 23. Juni 1961 beim Länderkampf der DDR gegen die RSFSR in Berlin sprang sie mit 6,42 m Weltrekord, wurde mit dieser Weite aber nur Dritte. Der Grund: Tatjana Schtschelkanowa mit 6,50 m und Walentina Schaprunowa mit 6,46 m waren zwar noch weiter als sie gekommen, hatten dabei allerdings unzulässigen starken Rückenwind. Das sportliche Talent habe ihr die Mutter in die Wiege gelegt, die 1924 mit der 4 x 100-m-Staffel deutsche Meisterin geworden war. Allerdings sei sie unter den sechs Geschwistern die einzige gewesen, die in die Fußstapfen der Mutter getreten sei. Bereits als 15-jährige sprang Hildrun Claus 5,12 m weit und machte die Übungsleiter auf sich aufmerksam. Mit 18 Jahren wurde die gebürtige Dresdnerin 1957 mit 5,99 m erstmals DDR-Meisterin. Ein Jahr später übertraf sie mit der DDR-Rekordweite von 6,03 m als erste DDR-Weitspringerin die 6-Meter-Marke. Auf ihren Wegen übers Land zu nationalen und internationalen Wettkämpfen lernte sie auch ihr Herzblatt kennen: Peter Laufer, einst zwei Mal deutscher Stabhochsprung-Meister, den sie 1962 heiratete. Mit ihm ließ sie sich später in Gielsdorf, einem Ort unweit von Strausberg bei Berlin, nieder. Dem alten Bauernhaus und der gepflegten, weitläufigen Umgebung sieht man die Handschrift der Landschaftsgestalterin an. Auf Schritt und Tritt spürt man hier auch das Wirken von Peter Claus, der Bauingenieur von Beruf ist. Hildrun Laufer-Claus ereilte 1995 eine heimtückische Krankheit nach einem schweren Unfall, als sie im Garten einen Kopfstand machen wollte. Durch eine Nervenquetschung wurde sie gelähmt und ist sitzt seitdem im Rollstuhl. »Die Mediziner stehen vor einem Rätsel«, erzählt sie, »weil es in Deutschland kaum Vergleichbares gibt.« Trotz alledem nimmt sie regen Anteil an allem, ob in der Familie oder im Dorf oder speziell im Sport. »Meine Frau ist ein wandelndes Lexikon,« sagt Peter Laufer. »Nahezu jedes Resultat hat sie im Kopf.«

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