Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

  • Politik
  • Zur Sache Prozeß vor Oberlandesgericht Düsseldorf

Journalist und Spion

  • Lesedauer: 2 Min.

Seit Montag steht der 51jährige Bonner Journalist Lutz Küche vor dem 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, „von Ende 1966 bis Dezember 1989“ unter dem Decknamen „David Bakker“ als Agent der Aufklärungsabteilung XV der Bfizirksverwaltung Magdeburg des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) die „politische Rechte in der Bundesrepublik“ ausgespäht und dafür ein nachrichtendienstliches Entgelt von über 850 000 DM erhalten zu haben.

Küche war 1966 als 22jähriger konservativer Journalist von einem Jugendfreund in die DDR eingeladen und in Magdeburg mit einem MfS-Offizier zunächst unter der Legende in Kontakt gekommen, dieser arbeite für ein wissenschaftliches Institut. Küche lieferte fortan journalistische Berichte für jeweils 200 bis 300 DM Honorar Dann wurde der damals noch in Lehr (Ostfriesland) tätige Journalist gedrängt, in die NPD einzutreten und aus dem inneren, zunächst regionalen Zirkel zu berichten. Küche: „Ich machte aus Abenteuerlust, Eitelkeit und auch wegen des Geldes mit. Ich wollte etwas gegen den Rechtsradikalismus tun.“ 1970 schloß er mit dem MfS sogar einen Vertrag über ein monatliches Honorar in Höhe von 2 000 DM. Anfang der 80er Jahre wurde der Agentenlohn angeblich um 1 500 DM „Operativgeld“ (für Spesen, Auslagen etc.) erhöht.

Von 1970 bis 1974 war Küche stellvertretender Bun-

desvorsitzender des Nationaldemokratischen Hochschulbundes (NHB) und nahm damit automatisch als kooptiertes Mitglied an den Sitzungen des Bundesvorstandes der NPD teil. Bei Führungstreffs in der DDR (Magdeburg und zumeist in Ostberlin) berichtete er über den parteiinternen Streit zwischen dem Bundesvorsitzenden Adolf von Thadden und den anderen Vorstandsmitgliedern .

Weisungsgemäß trat Küche 1975 aus der NPD aus und nach einer „Schamfrist“ von einem Jahr in die CDU ein. Fortan suchte und fand der spätere leitende Redakteur der Wochenzeitung „Rheinischer Merkur“ Kontakt zu Politikern und Journalisten des rechten Spektrums und den Seilschaften zwischen beiden Gruppen. Küche zeigte sich auch am ersten Tag der Hauptverhandlung erschreckt über die tatsächlichen Motive und Hintergründe zahlreicher CDU-/CSU-Politiker- „Es klafft ein Riesenloch zwischen den offiziellen Äußerungen und dem tatsächlichen politischen Handeln dieser Politiker “

MfS-intern galt „Bakker“ als wichtige Quelle; während der NPD-/NHB-Zeit hatte er sogar eine Monopolstellung in diesem rechten Bereich. Der Journalist wurde nach seiner Festnahme im März 1993 von seiner Zeitung fristlos gekündigt.

An den kommenden Prozeßtagen sollen seine ehemaligen Führungsoffiziere sowie der ehemalige für die CDU/CSU zuständige Referatsleiter der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), Oberstleutnant Ingolf Freyer, als Zeugen gehört werden.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.