- Wirtschaft und Umwelt
- Weiter Streit im Konzern Daimler-Dornier
Miserabler Vertrag
Vor zehn Jahren stieg der Daimler-Benz-Konzern beim Luftfahrtunternehmen Dornier ein, und seitdem herrscht Streit um „Recht, Macht und Finanzen“ Daimler hatte sich mit Dornier zwar das Eintrittsbillett zum Aufbau der Luftfahrtsparte für den „integrierten Technologiekonzern“ verschafft. Bei den Verhandlungen 1985 und 1988 wurde der Dornier-Familie aber zugesichert, daß die Firma erhalten und nicht ausgehöhlt werde. Jetzt zeichnet sich ein neues Kapitel im Konflikt mit der Familie ab.
Daimler will seine Luftfahrtsparte Dasa und damit auch Dornier umstrukturieren und plant mit dem Programm „Dolores“ zur Begrenzung des Dollarrisikos offenbar tiefe Einschnitte. Die Ergebnisse sollen im Oktober vorliegen. Werke könnten geschlossen und Teilbereiche in Gemeinschaftsfirmen eingebracht werden. Die Daimler-Benz Aerospace AG (Dasa/München) erklärte zwar (am Freitag), daß offiziell noch keine neue Klage, Beschwerde oder Erklärung der Dornier-Familiengesellschafter vorliege. Über Medienäußerungen - auf Anfrage - läutet die Familie Dornier aber bereits eine neue Streitrunde ein.
Die zwei im Unternehmen verbliebenen Dornier-Familienstämme argwöhnen seit Jahren, Daimler versuche die Nachkommen des Firmengründers aus der Firma zu drängen, und pochen auf ihre vertraglichen Rechte. Vertreter der Erbengemeinschaft - das Ehepaar Conrado Dornier und Martine Dornier-Tiefenthaler - warnten vor wenigen Tagen Daimler vor Brachialgewalt. „Wir
wollen kein Geld, sondern ein Konzept“, hieß es.
Die eingeschränkte Handlungsfreiheit der Daimler-Benz AG (Stuttgart) bei der Dornier GmbH (Friedrichshafen) sorgt seit Jahren für Spannungen und Klagen. Der ausgehandelte Vertrag mit der Dornier-Familie sei der „miserabelste, den wir je geschlossen haben“, heißt es in den veröffentlichten Notizen des ausgeschiedenen Ex-Daimler-Finanzvorstandes Gerhard Liener.
Daimler/Dasa-Manager werfen der Familie Dornier versteckt oder offen eigensüchtige oder finanzielle Interessen vor. Angeblich zahlte Daimler 440 Millionen DM 1985 beim Einstieg und nochmals 570 Millionen DM 1988. Zudem haben die Familiegesellschafter eine Garantiedividende. Die Beteiligungsverhältnisse sind ohnehin kompliziert: Daimler hält 57,55 Prozent des Kapitals und 87,5 Prozent der Stimmrechte. Je 21,22 Prozent am Dornier-Kapital halten die beiden Stämme Erbengemeinschaft Claudius Dornier (mit Conrado Dornier) sowie Silvius Dornier
Die Juristin Martine Dornier-Tiefenthaler zog 1985/1988 bei den Daimler-Verhandlungen die Fäden. Sie trat aber 1990 nach internen Auseinandersetzungen in der von Beobachtern schon mal als „Denver-Clan vom Bodensee“ bezeichneten Großfamilie als Testamentsvollstreckerin zurück. Ex-Bundesminister Josef Ertl übernahm die Nachfolge. Der inzwischen 70jährige Ertl versucht jetzt zwischen neuen Daimler/Dasa-Managern und der Großfamilie Dornier zu vermitteln.
GERHARD HEGMANN, dpa
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.