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Sachsen sind keine Ossis

Biedenkopf: Arbeitsplatzabbau war eine tolle „Leistung“ Aus Bautzen berichtet MARCEL BRAUMANN

  • Lesedauer: 4 Min.

Der „Krone-Saal“ des Hotels „Stadt Bautzen“ ist bis auf den letzten Platz mit herbeigerufenen CDU-Anhängern gefüllt, als das Jugendblasorchester Bautzen, in jahrzehntelanger Tradition geübt, für die führende Partei aufspielt. Marko Schiemann, örtlicher CDU-Landtagsabgeordneter (40, katholisch, verheiratet, vier Kinder) bekundet hernach dankbar, das dargebotene Blasen sei eine „sinnvolle und gute Freizeitbeschäftigung, auch für die Zukunft“ Eine „besondere Freude“ sei für ihn die Anwesenheit von Fritz Hähle (54, evangelisch, verheiratet, drei Söhne), Fraktions- und Landesvorsitzender der sächsischen Union. Das ist noch steigerungsfähig, „glücklich“ sei er ob des Erscheinens von Ministerpräsident Prof. Kurt Biedenkopf (katholisch, verheiratet, vier Kinder).

Der Politische Aschermittwoch der CDU-Landtagsfraktion hat ap,V,QEmittag>mit,dem Besuch, einer Delegation bei einem traditioiisreiehaniQrgelbauerNbe» gönnen. Am Nachmittag machten die Abgeordneten der Feuerwehr ihre Aufwartung. Die, so Schiemann, „verdient für ihre kontinuierliche Leistung besonderen Applaus“ Der Saal klatscht pflichtbewußt. Noch stärkeren Beifall gibt's für Biedenkopfs Lob der Freiwilligen Feuerwehr, die im Grunde ein „Jugendförderungsverein“ sei.

Biedenkopfs bewährte Methode, das Volk sich selbst beklatschen zu lassen, erfährt in Ermangelung bejubelnswerter politischer Glanzleistungen Ausweitung in historische Dimensionen: Was wäre, „wenn die Sachsen schon 1945 hätten antreten können: Die Sachsen wären heute überhaupt nicht mehr zu schlagen“ Das Duo Hähle/Biedenkopf läßt keinen

Zweifel daran, daß Sachsen m Deutschland die Nummer eins wird, und das in der „Mitte Europas“ Der „Vision“, ein „wichtiges Land in Deutschland“ darzustellen, sei man jedenfalls „ein Stück nähergekommen“, so Biedenkopf.

Das „Bündnis für Arbeit“ gebe es in Sachsen schon seit 1991. Der „alte Konflikt Kapital-Arbeit“ habe dagegen aufgehört zu existieren, statt dessen engagiere man sich „gemeinsam für neue Investoren“ So habe man „Leistungen“ wie den ziemlich geräuschlosen Abbau von 100 000 Arbeitsplätzen in der Braunkohle vollbracht, die im Westen nicht möglich gewesen wären, doziert der regierende Wirtschaftsprofessor. Das Wichtigste sei nun der „Halt in Gemeinschaft“, der auch Arbeitslose miteinbeziehe.

Als weltanschauliche Basis empfiehlt H'ähle, „Hoffnung auf Jesus Christus, Freiheit von Sünde“, die Sehnsüchte der Vorfahren. Der Mißbrauch des Christentums für einen völkischen Kapitalismus stößt nicht

ten sie,

hlisch ui)^:Yj'fjfefit%| y^i^nen, des Jesus'vori Nazar'eth bei den Christdemokraten von heute in engen Grenzen. Dafür erteilt Hähle ethnischen Nachhilfeunterricht: „Wir Sachsen sind keine Ostdeutschen“, weist er den Wunsch des Kollegen Rehberg aus Mecklenburg-Vorpommern nach stärkerer Profilierung der Ost-CDU zurück.

Zum politischen Gegner, der eigentlich im Mittelpunkt des Polit-Rituals. am Aschermittwoch zu stehen hat, fällt Hähle wenig ein. Die SPD spart er aus, „da sie mit sich selbst beschäftigt ist“ Und zur PDS stellt der CDU-Mann dieses Dogma auf: „Ist sie keine kommunistische Partei, wird sie nicht gebraucht; ist sie eine, wird sie. erst recht nicht gebraucht.“ Im übrigen wolle er

die PDS „eigentlich gar nicht erwähnen“ Warum kann er dann selbst in der Fastenzeit nicht davon lassen?

Biedenkopf demonstriert einmal mehr, daß er sich von irdischen Dingen längst verabschiedet hat. Den Dresdnern dankt er mit folgenden Worten für ihr Ja im Bürgerentscheid zur stadtschneidenden Autobahn nach Prag: „Diejenigen, die die Befragung organisiert haben, haben sich das natürlich ganz anders vorgestellt, sie haben nicht mit dem gesunden Menschenverstand der Sachsen gerechnet.“ Irritation im Publikum, denn Organisator des Bürgerbegehrens, das die Abstimmung erzwang, war die CDU, die damit die „linke Verhinderungskoalition“ im Stadtrat umgehen wollte. Das weiß Biedenkopf nicht, obwohl er selbst in großformatigen Anzeigen die damalige Kampagne seiner Parteifreunde unterstützt hat

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