Mit der 01 1102 von Eisenach nach Bebra
Stromliniendampflok auf Premierenfahrt
Die 01 1102 beim Wassernehmen im BW Arnstadt Foto: Küffner
Nach 47 Jahren startete jetzt wieder eine stromlinienverkleidete Dampflok zur Premierenfahrt auf DB-Gleisen. Die 011102, eine von insgesamt 55 Drei-Zylinder-Maschinen, die zwischen 1937 und 1940 von der Firma Schwartzkopff in Berlin gebaut wurde, war bis zum 30. September 1972 u.a. bei den Bahnbetriebswerken München, Nürnberg, Kassel, Bebra und HH-Altona stationiert und legte in dieser Zeit 4 086 308 km zurück. 1957 erfolgte die Umrüstung auf Ölhauptfeuerung, und am 12. April 1973 wurde sie in Rheine ausgemustert. Bevor sie im Februar 1995 zur Aufarbeitung und Umbau in die einzige heute noch existierende „Dampflokschmiede der DB“ in Meiningen kam, stand die 01 1102 in Bebra 22 Jahre als Lokdenkmal.
Eisiger Wind fegte über den Bahnsteig von Eisenach, als der 1. Klasse- und Salonwagen „FD Wartburg-Werra-Kurier“, gezogen von der blau-schwarzen, elegant wirkenden Stromliniendampflok 01 1102, auf Gleis 6 einfuhr und von einigen hundert Lokfans empfangen wurde. 14 große Schnellzügwagen, davon zwei Salonwagen, ein Bar-und ein Speisewagen, vollbesetzt mit Lokbegeisterten, gingen auf Premierenfahrt. Die K & K Eisenbahnund Speisewagen Gesellschaft Wien/Berlin hatte die Fahrt über Neudietendorf, Arnstadt, Gräfenroda, Oberhof, Meiningen, Bad Salzungen, Eisenach nach Bebra organisiert.
Höhepunkte der etwa neunstündigen Premierenfahrt waren Scheinanfahrten, das Wenden und Wassernehmen der
Lok im BW Arnstadt sowie das Hochstampfen nach Oberhof, unterstützt von der kohlegefeuerten 94 016 als Schublok. Tausende Fans warteten entlang der Bahnstrecke bei eisigem Wind und mitunter knöcheltiefem Schnee.
Schwachpunkte gab es aber auch: Die Platzreservierung war nicht immer einwandfrei, und den Service hatte die K & K vielfach nicht im Griff. Da gab es zig Fahrgäste, die während der gesamten Fahrt nichts „zu beißen“ bekamen von einem zeitweiligen Platz im Speisewagen ganz zu schweigen. Logisch, wenn bei elf vollbesetzten Schnellzugwagen nur ein Speisewagen mitgeführt wird, dieser überbelegt und die Küche überfordert ist und es einen Platzservice nur für Getränke gibt.
Unangefochtener „Lok-Star“ in Deutschland bleibt aber nach wie vor die in Halle stationierte schnellste betriebsfähige Dampflok der Welt, die 18 201. Allerdings hat sie Konkurrenz bekommen: Jetzt die 01 1102 und in Kürze die sich im Meininger Raum bereits auf festfährten und in Wiederaufarbeitung befindliche 1,8 316., Diese „Rheingold-Schönheit“, mit den 2,10 Meter großen Treib- und Kuppelrädern garantiert den besonderen Duft, ein Fluidum, das nur kohlegefeuerte Maschinen absondern. Sie wird in Kürze im Badischen Dampflokfans mit auf Reisen nehmen und sie, dank ihrer Kohlefeuerung, wohl auch reichlich mit winzigen Kohlekörnchen, sogenannten „Lokflöhen“ berieseln.
WILFRIED KUFFNER
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