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Unbotmäßiger Förster mußte Wald mit Aktenbergen tauschen

Widerstand gegen überhöhte Jagdwildbestände offenbar Grund

  • Lesedauer: 2 Min.

Wulf-Eberhard Müller ist Förster mit Leib und Seele. Aber anstatt frühmorgens durch den Wald zu pirschen, sich an Flora und Fauna zu freuen und die Nase in den frischen Wind zu halten, muß er sich neuerdings auf Geheiß seiner Oberen in der Oberforstdirektion Ansbach durch raschelnde Papierberge wühlen und mit der muffig-modrigen Luft staubiger Akten vorliebnehmen.

Die Versetzung des Naturfreundes hat Reinhold Bocklet, Bayerns Minister für Landwirtschaft und Forsten, nicht näher begründet - aus „Gründen des Datenschutzes“ Auch in der Personalakte des Strafversetzten finden sich keine Anhaltspunkte, das Forstpräsidium in Ansbach will dem Geschaßten keine dienstlichen Verfehlungen nachsagen. Warum also die Versetzung?

Müller gehört zu der Handvoll Förstern, die sich nicht damit abfinden wollen, daß die

Jäger überhöhte Wildbestände halten, um ordentlich etwas vor die Flinten zu bekommen. Der Nachteil zu vieler Bambis im Wald ist nämlich ihr Hunger: Jahr für Jahr verbeißen die Geweihträger junge Triebe von Laub- und Nadelbäumen, verursachen Schäden in Millionenhöhe. Die Waldbauern müssen die Zeche bezahlen. Bisher nämlich stellte sich Justitia auf den Standpunkt, die Bauern müßten mit Wildschäden leben. Erst das Bundesverfassungsgericht stellte im vergangenen Jahr fest, daß die unbezahlten Verbißschäden eine „Verletzung des Grundrechts auf Eigentum“ seien. Damit hat auch das bayrische Forstministerium eine herbe Niederlage erlitten - immerhin hatten die Ministerialen zehn Jahre lang gemeinsam mit den Jägern gegen den vor dem Bundesverfassungsgericht vorstelligen Bauern geklagt.

Obwohl schon seit über 20 Jahren die Problematik be-

kannt ist, obwohl die Parole „Wald vor Wild“ längst auch vom Obersten Rechnungshof Bayerns als einzig ökonomisch vernünftige anerkannt wird, gelingt es den Jägern immer wieder, unbotmäßige Förster unter Druck zu setzen und versetzen zu lassen.

Müller hat Widerspruch gegen seine Versetzung eingelegt, über 80 Prozent der Waldbauern seines Zuständigkeitsbereiches haben sich in einer Petition für den Förster verwandt. Umweltorganisationen wie der „Bund Naturschutz“ und der „Ökologische Jagdverein“ sprechen von „skandalöser Personalpolitik“ und einer Strafaktion mit „feudalistischen Zügen“. Die „Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft“ befürchtet, daß die Förster künftig eher zähneknirschend stillschweigen werden, als sich mit den Jägern anzulegen.

JOCHEN BORST

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