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Greifswald strahlt so eine gewisse Ruhe aus

Bonner Grüne besuchten vor Anhörung zum geplanten Atomzwischenlager das ehemalige AKW Von UWE KALBE

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Chefs der Energiewerke Nord (EWN) haben es nicht leicht, und am Montag sah man ihnen das auch an. Man habe die einstige Greifswalder KKW-Belegschaft von 6000 bereits auf 1700 „herunterfahren“ müssen, so Geschäftsführer Dieter Ritscher. Weitere Entlassungen könnten doch auch die Grünen nicht wollen, hielt er den Kritikern aus der Bundestagsfraktion entgegen, die hier Station machten.

Gefährdet oder nicht? Schleusen sollen bei Verseuchung von Mitarbeitern Alarm geben Foto: ZB

Besondere Brisanz erhält das Thema durch eine Anhörung vor dem Bundesamt für Strahlenschutz über das geplante und umstrittene Zwischenlager Nord auf dem Gelände des AKW Greifswald/Lubmin in der nächsten Woche. Ist dieses akzeptabler als ein sogenannter sicherer Einschluß des AKW selbst - sprich Konservierung im jetzigen Zustand? Ist nun, wie so oft befürchtet und behauptet, die Lagerung radioaktiver Abfalle auch aus den alten Bundesländern vorgesehen oder denkbar? Welcher Kontaminierung sind die Arbeitskräfte beim Abriß ausgesetzt? Was soll das Ganze kosten, und wer bezahlt es?

Vielleicht liegt es am Landstrich: Jedenfall demonstrierten Ritscher und Jürgen Ramthun von der Geschäftsführung die Gelassenheit von Gerechten und widerstanden dem Ansturm der Fragen mit einigen kleineren Blessuren. Freilich gelang es ihnen nicht, die Zweifel ihrer Gegenüber aus der Welt zu schaffen. Diese warfen im Duett mit der Greifswalder Bürgerinitiative zur Förderung alternativer Energiekonzepte den Energiewer-

ken Nord vor, vollendete Tatsachen geschaffen zu haben, die einen sicheren Einschluß inzwischen unmöglich, die Zwischenlagerung mithin unausweichlich machen. Die Energiewerke hätten Studien -umgangen, Halbwahrheiten verkündet, die Gesundheit ihrer Mitarbeiter gefährdet, meinten die Kritiker. Nicht wahr, so die Kritisierten. Ritscher, dessen Know-how zum Beispiel von der Essener Gesellschaft für Nuklearservice stammt, Wo er für die Vermarktung des Castor-Behälters sorgen konnte (Ritscher ist Mitinhaber des Patents), versicherte: Nein, die EWN würden nie wieder ein Kraftwerk betreuen oder bauen - alle anderen Behauptungen seien falsch. Keine Fremdabfälle aus dem Westen sollten gelagert werden, ein Strahlenpaß jedes Beschäftigten sorge für langfristige Gesundheitskontrolle schon seit DDR-Zeiten, Studien gebe es in Hülle und Fülle. Die Grünen: Was ist mit den drei zu Jahresbeginn nach Ungarn gelieferten Brennelemente für ein KKW, das nicht deutschem Sicherheitsstandard entspricht? Ja, stimmt, so Rit-

scher, das bleibe jedoch die Ausnahme. Die Proteste hätten keine „Kettenreaktion“ zur Folge gehabt. Also kein Thema. Oder die Kosten: Die trägt der Steuerzahler. Also wir, so Ritscher. Ritscher rechnete kaufmännisch vor, die Grünen moralisch nach. Die Kosten zur Entsorgung einer Tonne Brennstoff- 1500 DM, so Ritscher. Mit oder ohne Polizeieinsatz? hakte eine Abgeordnete ein.

Zwischenlager Nord, Versandlager für radioaktive Stoffe oder auch das Naßlager für abgebrannte Brennelemente kein Genehmigungsverfahren, das nicht Widerspruch und Einsprüche zur Folge gehabt hätte. Als Ritscher und Ramthun schilderten, daß regelmäßige Dekontaminationen (Reinigung) der Kreisläufe zu DDR-Zeiten für eine weniger starke Verseuchung als in vergleichbaren westlichen Kraftwerken gesorgt hätten, brach ein Ost-West-Disput herein. Ursula Schönberger, atompolitische Sprecherin der Abgeordneten: In der DDR seien Arbeiter zur Reinigung in die vergifteten Anlagen geschickt worden. „Quatsch!“, so der Kommentar der EWN-Leute.

Man trennte sich freundlich. Wohl, weil beide Seiten wußten: um Greifswald ging es eigentlich nicht. Für den Ausstieg aus der Atomenergie ist es hier schon zu spät. Auch wenn das AKW inzwischen nur noch Stromverbraucher ist.

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