Werbung

Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

  • Politik
  • Vor 25 Jahren starb Jim Morrison von »The Doors«

Der aggressive Träumer

  • Thomas Grossman
  • Lesedauer: 4 Min.

Jim Morrison in seinen besten Jahren in Aktion.

Das Foto wurde dem Buch »Jim Morrison - Der König der Eidechsen« entnommen, das im Verlag Schirmer/Mosel erschienen ist

Auch 25 Jahre nach seinem Tode nimmt die Schar seiner Verehrer nicht ab. Jim Morrison ist eine der Kultfiguren der Rockmusik. Und es sind nicht nur die damals jungen Leute, die ihm die Treue bewahrt haben, seine Songs leben auch im Bewußtsein der jungen Generation. Noch heute pilgern Scharen zu seinem Grab in Paris auf dem Friedhof Pere-Lachaise: Am 3. Juli 1971, vor 25 Jahren, wurde Jim Morrison in Paris tot aufgefunden. Nur 27 Jahre war es ihm vergönnt zu leben.

Mitte der 60er Jahre in Los Angeles zu leben bedeutete für viele Jugendliche, ständig auf Drogen zu sein. Aus den gesamten USA zog es sie in die Stadt. Auch Jim Morrison, 21jährig, Sohn eines Brigadegenerals der US-Marine, gut aussehend, aber eher schüchtern, außergewöhnlich intelligent, traf dort 1964 ein. An der Uni wollte er Film studieren. Nach zwölf Monaten - sein Film war am Ende des Semesters durchgefallen - schmiß er das Studium. Hatte er bis dahin zu einer Unmenge von Büchern gegriffen, so versuchte er es nun mit Alkohol und Drogen. Er war besessen von umstürzlerischen Gedanken. Morrison: »Mir gefällt die Vorstellung von Umsturz, vom Abschütteln

einer etablierten Ordnung. Mich interessiert alles, was Revolte, Unordnung, Chaos betrifft - besonders Aktivitäten, die keinen Sinn zu haben scheinen. Das scheint mir der einzige Weg zur Freiheit zu sein.«

Im September 1965 nahm der auch musikalisch Begabte mit drei Gefährten - sie nannten sich »The Doors« - die ersten Songs auf. Sie spielten einen jazzigen, weißen Blues-Rock und wurden Haus-Band in verschiedenen Clubs. Morrison, auf der Bühne oft betrunken und »high«, war mit seiner einzigartigen Stimme Hauptattraktion der Band. Auch lieferte er die meisten Texte, in denen er Philosophie, Psychologie, Mythologie, literarisches Wissen sowie Hippie-Rhetorik vermischte. Seine knappen und prägnanten Lieder, mit den dominanten Motiven von Sex und Tod, waren oft nur schwer zu entschlüsseln, ihrer Verbreitung stand das nicht im Wege.

Die außergewöhnliche erste LP »The Doors« setzte Maßstäbe, die Single »Light My Fire« wurde in den USA eine Nummer 1. Als Ende 1967 die zweite LP »Strange Days« erschien, stellten viele Kritiker die Doors mit den Beatles in eine Reihe. Gleich zu Beginn ihrer Karriere setzten die »Doors« künstlerische Maßstäbe, an denen sie später selbst »verzweifelten«.

Morrison kam aber offensichtlich mit

seinem Ruhm und mit den Problemen der Zeit nicht zurecht. Er verfiel immer mehr der Trunkenheit, negative Charakterzüge drängten sich zunehmend in den Vordergrund. Immer öfter war er in Schlägereien verwickelt. Beziehungen trieb er bis zur Grenze des Erträglichen, nur um mit anzusehen, wie sie zerbrachen.

Danny Fields von der Plattenfirma Elektra: »Morrison scherte sich einen Dreck um Geld, Besitz oder Eigentum er war einer der wenigen damals, die echt anti-bourgeois waren.« Anders als seine Fans zweifelte Jim Morrison oft an sich selbst. Dem Starrummel war er nicht gewachsen. Also ließ er seinen Zorn an sich aus, am Rest der Band oder am Publikum. Bei Auftritten versuchte er z.B. den Fans Angst einzujagen, beleidigte sie, bespuckte sie, schockierte mit obszönen Sexgebärden. Morrisons angeblicher Exhibitionismus löste in den USA eine Kontroverse aus, in Florida demonstrierten 30 000 empörte Bürger gegen den nach ihrer Meinung voranschreitenden Sittenverfall.

Alkohol und Drogen zeichneten den Sänger zunehmend, aus dem gutaussehenden Mann wurde ein übergewichtiger Trunkenbold. Seinen Traum aber, Anerkennung als Dichter zu finden, bewahrte er sich, obwohl seine Texte, der Musik entkleidet, an Bedeutung verloren.

1971 ging Morrison nach Paris. Seine Gedanken kreisten um Rimbaud, Baudelaire, Hemingway, Fitzgerald, um das Paris der 20er Jahre. Er schrieb Gedichte, klapperte Sehenswürdigkeiten ab, doch auch seine Sauftouren gingen weiter Am 3. Juli 1971 fand ihn seine Freundin Pamela morgens tot in der Badewanne. Offiziell wurde als Todesursache Herzversagen angegeben, doch man nimmt inzwischen an, daß Morrison mit großer

Wahrscheinlichkeit an reichlichem Alkoholgenuß und einer Überdosis Heroin gestorben war

Die Frage, warum die Doors noch immer so populär sind, wird immer wieder gestellt. Sicher ist das nicht der allgemeinen Nostalgie zuzuschreiben. In er-

ster Linie liegt es wohl an der Qualität ihrer Songs, der rational nur schwer zu beschreibenden Übereinstimmung von Musik und Poesie. Die darin verborgenen Hoffnungen der Jugend, die auch heute noch geträumt werden, verfehlen ihre Wirkung nicht.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -