USA-Präsident George W. Bush stellte im Washingtoner Hauptquartier der Bundespolizei FBI eine Liste der »most wanted terrorists« (»meistgesuchten Terroristen) vor.
Die Fahndungsplakate umfassen neben Osama bin Laden, dem mutmaßlichen Führer der Al-Qaida-Organisation, die Namen und Porträts von 21 weiteren Männern, die sich in den vergangenen 16 Jahren tödlicher Angriffe auf Staatsbürger der USA schuldig gemacht haben sollen: die Bombenanschläge auf US-amerikanische Botschaften in Ostafrika von 1998, der Anschlag auf einen Wohnkomplex der USA-Armee in Saudi Arabien 1996, ein Bombenattentat auf das »World Trade Center« von 1993 sowie die Entführung eines Flugzeuges auf dem Weg von Rom nach Athen im Jahr 1985. Einem Gesuchten wird vorgeworfen, im Jahr 1994 die Sprengung von zwölf US-amerikanischen Passagierflugzeugen über dem Pazifik versucht zu haben. Das Washingtoner Außenministerium bietet eine Belohnung von bis zu fünf Millionen Dollar für die Ergreifung eines Täters. »Terroristen versuchen, im Dunklen zu operieren«, erklärte Bush, »sie versuchen, sich zu verstecken. Doch der Terrorismus hat ein Gesicht, heute legen wir es bloß.« Keine Person wird auf der Liste der Terroranschläge vom 11. September in New York, Washington und Pennsylvania bezichtigt. Und eigenartigerweise sind nur vier der insgesamt 19 Männer aufgeführt, die von den USA wegen der Anschläge in Saudi-Arabien gesucht werden. Die Bedeutung der »most wanted«-Steckbriefe besteht darin, dass sie über Führungsmitglieder der »Al-Qaida«-Organisation wie Osama bin Laden und dessen Stellvertreter Eiman el Zawahiri hinausgeht. Es ist das erste Mal, dass die USA-Regierung im Detail Namen und Orte nennt, womit die Reichweite des »internationalen Kriegs gegen den Terror« und damit Druck bis hin zu Angriffen auf Länder jenseits von Afghanistan angedeutet sind: Die Liste umfasst Mitglieder der Hisbollah in Libanon, die von der Bush-Regierung in den vergangenen vier Wochen nicht erwähnt worden war, sowie zwei Anschläge, die die USA-Regierung auf vom Iran finanzierte Organisationen zurückführt. Der Anti-Terror-Kampf richte sich gegen mehr als die 22 Männer, sagte Bush. Es gehe um die Zerschlagung von Terrornetzen und die Verfolgung derjenigen, die Terroristen »hätschelten«. Die Liste soll mit dem Hinweis auf hohe Belohnung weltweit verteilt und als Teil eines Fernsehprogramms an ausländische TV-Sender verkauft werden. Der Sprecher des USA-Außenministeriums, Richard Boucher, erklärte - ohne Namen zu nennen -, seit dem 11. September hätten 23 Staaten Terrorismus-Verdächtige festgenommen; zehn in Europa, vier in Afrika, sieben im Nahen Osten, einer in Lateinamerika und einer in Ostasien. Elf Staaten hätten Regelungen ihrer Bankensysteme verändert und die Schließung von Konten verhängt. Die »Washington Post« berichtete am Donnerstag, dass Osama bin Laden den afghanischen Taleban in den vergangenen fünf Jahren schätzungsweise 100 Millionen Dollar als Militärhilfe habe zukommen lassen. Der Geheimdienst CIA schließe daraus, dass bin Laden maßgeblichen Einfluss auf die Taleban ausübe, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise. Die Gelder stammten aus Geschäften bin Ladens sowie von Staaten und Unternehmen aus der Golfregion, die ihm Geld gezahlt hätten, damit er in diesen Ländern nicht aktiv werde oder zumindest seine Aktivität einschränke. Das saudische Regime ist bekannt dafür, dass es andere Staaten und Organisationen dafür auszahlt, wenn es in Ruhe gelassen wird. Die »New York Times« zeigte am Donnerstag ein Bild von Pentagon-Chef Donald Rumsfeld mit dem Saudi-König Fahd. Das saudische Königshaus, das der Pentagon-Chef letzte Woche besucht hatte, weigert sich bis heute, Konten von Organisationen einzufrieren, die mit Osama bin Laden in Verbindung gebracht werden. Das Verhältnis zwischen den USA und Saudi-Arabien sei »angeschlagen«, berichtete die Zeitung mit Berufung auf Washingtoner Regierungskreise, die Saudis hätten »aus Mr. bin Laden immer ein Geheimnis gemacht«. Kritik und Druck der USA auf ihr islamisch-fundamentalistisches Hätschelkind, das die größten Ölquellen der Region kontrolliert, sowie Recherchen US-amerikanischer Medien dazu bleiben offenbar aus. Stattdessen finden so genannte Enthüllungsstories ihren Weg auf die Titelseiten. Die »New York Times«, sonst um Seriosität bemüht, berichtete gestern mit großen Schlagzeilen, Osama bin Laden finanziere sein Imperium vor allem mit dem Vertrieb von Honig. Der Honig-Handel versorge ihn mit »Geld und Unterschlupf«, berichtete die Zeitung. Unterdessen ist in Florida bei einer dritten Person der Milzbrand-Erreger gefunden worden. Die 35-jährige Frau arbeitet in dem Verlagshaus, in dem bereits zwei Männer mit den lebensgefährlichen Anthrax-Viren in Berührung gekommen waren. Noch immer ist unklar, wie die Erreger, die als biologische Waffe eingesetzt werden können, in das Gebäude gelangten. Es gebe erste Erkenntnisse zu ihrem Ursprung, berichteten hiesige Medien. Sie seien mit denen identisch, die in den fünfziger Jahren in einem Labor im Bundesstaat Iowa gezüchtet wurden. Aus Angst vor Terroranschlägen mit biologischen Waffen decken sich immer mehr US-Amerikaner mit Medikamenten ein. In Florida sind Antibiotika bereits vielfach vergriffen.