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Brigitte Berendonk verurteilt
Grund: Cheftrainer Mund und französischen Ruderverband diffamiert
Von Klaus Huhn
Im Saal wurde laut gelacht«, erinnerte sich Eberhard Mund, bis 1989 einer der führenden Rudertrainer der DDR und jetzt Cheftrainer der französischen Rudernationalmannschaft dieser Tage in einem ND-Gespräch. Anlaß für das Gelächter war eine Gauck-Akte, die man der Vorsitzenden der 17 Strafkammer im Pariser Palais de Justice Anfang September präsentiert hatte. Angeklagt war Brigitte Berendonk, die sich seit 1990 als Hobby-Anklägerin gegen die DDR in Sachen Doping betätigt.
Sie'hatte in einer Talkshow des Senders Arte 1995 den Fall einer angeblich gedopten minderjährigen französischen Ruderin mit Munds Wirken in Frankreich in Verbindung gebracht und war darauf-
hin vom französischen Ruderverband und Eberhard Mund verklagt worden. Die Berendonk war mit großem Aufgebot und einer Medieneskorte an die Seine gereist. Voreilig wählte die »Frankfurter Allgemeine« nach dem ersten Verhandlungstag die Jubel-Schlagzeile: »In Paris steht auch der DDR-Sport vor Gericht«. Danach las man nichts mehr.
Zunächst hatte die Angeklagte versucht, ihre Aussage in der Talkshow mit einem »Übersetzungsfehler« abzuwerten, doch wurde das vom Gericht nicht akzeptiert. Dann glaubte sie mit jener schon erwähnten Akte - pünktlich geliefert von der immer häufiger an einen Partyservice erinnernden Gauckbehörde das Gericht zu beeindrucken. Journalisten meldeten, sie umfaße 117 Seiten, aber es waren nur drei, und auf denen las die Richterin derart Belangloses, daß
sie aus ihrem Desinteresse kein Hehl machte. Eberhard Mund - so wurde darin behauptet - sei unter dem »Decknamen« Eberhard geführt worden, und das ließ die Zuhörer im Saal in Gelächter ausbrechen.
Dann präsentierte Brigitte Berendonk ihren Rechtsanwalt Lehnen als »Gutachter«. Als er auf die Frage der Richterin, wie viele Mitarbeiter des MfS nach seiner Meinung mit Sport befaßt gewesen seien, »etwa 3000« antwortete, war auch dieser Punkt beendet. Auf der letzten Seite der Akte fand sich der Hinweis, daß der angebliche »IM« nicht verwendbar sei. Lehnen hatte sich vor dem Gerichtssaal noch sehr optimistisch gegeben. Zitat der »FAZ«: »Ich habe Prozesse gewonnen aufgrund von DDR-Unterlagen, so daß wir überhaupt keine Zeugen gebraucht haben!«
In Paris war alles anders. Das Gericht vertagte sich auf Anfang Oktober und verkündete dann das Urteil: Brigitte Berendonk hat eine Geldstrafe von 20 000 Franc und der Verantwortliche des Sender »Arte«, Clement, 30 000 Franc zu zahlen. Außerdem wurde Brigitte Berendonk verurteilt, gegenüber Eberhard Mund und dem französischen Ruderverband einen Franc als symbolischen Schadenersatz zu zahlen. Schließlich erging die Auflage, daß folgende Mitteilung in drei großen französischen Zeitungen zu veröffentlichen sei: »Durch Gerichtsbeschluß sind Herr Jerome Clement und Frau Brigitte Berendonk zu Geldstrafen und zur Zahlung von Entschädigung wegen Diffamierung des Trainers der Nationalmannschaft Rudern, Herrn Mund, und der F.F.S.A. (Ruderverband) in der Fernsehsendung ,Was geht mich das an? Der Sport, eine Welt ohne Erbarmen' vom 12. Oktober 1995 verurteilt worden.«
Brigitte Berendonk hatte schon während der Verhandlung angekündigt, daß sie bei einer Verurteilung Berufung einlegen werde. Immerhin hat die selbsternannte »Doping-Anklägerin« zum ersten Mal einen Prozeß verloren. Die Nachricht darüber geriet auch in der »FAZ« nicht in die Schlagzeilen.
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