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  • Politik
  • Roland Kirsch lebte nur 29 Jahre

«Klatscht und kröpft!»

  • Edith Ottschofski
  • Lesedauer: 2 Min.

Können Sie sich eine »kleine Geschichte« vorstellen, dermaßen winzig, daß kein Mensch in sie hineinpaßt, der größer ist als ein Meter zehn? Wer sich aber vorsichtig bückt, den Kopf zwischen die Schultern klemmt und die Arme eng an den Körper preßt, der kommt auch noch mit 1,20 rein. Spätestens dann nehmen die Dinge ihren Lauf, machen quer durch die Sätze einen Sprung. So klein und sprunghaft sind zum Teil die Prosastücke von Roland Kirsch. »Der Traum der Mondkatze« ist das erste Buch des rumäniendeutschen Autors, postum herausgegeben von Richard Wagner. Es umfaßt neben Texten, die in der Zeitschrift »Neue Literatur« und der »debütanthologie - das land ist ein wesen« gedruckt worden sind, auch Werke aus dem Nachlaß. Roland Kirsch, der 1960 in Delta, im rumänischen Banat, geboren wurde, später als Ingenieur und Fotograf arbeitete, wurde im Mai 1989, wenige Tage vor dem Erscheinen der »debütanthologie« erhängt in seiner Wohnung in Temeswar gefunden. Genaueres weiß man bis heute nicht. »Rasch und unauf-

fällig, vielleicht auffällig still«/so Herta Müller in ihrem Nekrolog, wurde er begraben. Er war ein Außenseiter im Temeswarer Autorenkreis, weder ein Dissident noch ein ausgesprochen politischer Schriftsteller. Trotzdem bescheinigt Richard Wagner ihm, in seinen Texten »weit über das Politische« hinauszugehen. Dies mag stimmen für kleine Meisterwerke wie »Der vielversprechende Antreiber«, wo die Ideologisierung der Sprache ihre Auflösung herbeiführt: »klatscht, ja so klatscht, so krampft, froh krampft, klatscht, kröpft. Strackt ab!«. Oft hört man jedoch einen bitteren, gar falschen Tonfall heraus, wenn »in aufzukkender Lüsternheit (birst), was schwanger geht mit einem Gedanken«. Durch den sprunghaften Wechsel der Erzählerpersonen scheinen andere Geschichten künstlich verwirrend, unstrukturiert, unfertig... Recht unterschiedliche Texte wurden da zusammen mit Fotos zwischen zwei Buchdeckeln vereint. Wer sich dabei langweilen sollte, kann des Autors Rat folgen und die Geschichten jeweils übers ENDE verlassen.

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