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- Ausstellung im Bauhaus-Museum Weimar: Erinnerung an die »Wiener Gruppe«
Filigranes mit Profil
Mit der Kabinettausstellung »Margit Tery-Adler und Freunde« erinnert das Bauhaus-Museum der Kunstsammlungen zu Weimar derzeit an die bedeutendste, aber weithin vergessene Gruppe von Ausländern, die am Bauhaus in der Klassikerstadt gewirkt hat. Margit Tery, in Wien Schülerin von Johannes Itten, und ihre Freunde Anny Wottitz, Friedl Dicker und Franz Singer begleiteten Itten, als er 1919 dem Ruf von Gropius nach Weimar folgte. Zu der Gruppe gehörte auch Margit Terys späterer Mann Bruno Adler, der in Weimar einen Verlag zu gründen versuchte. An die erste und einzige Ausgabe seiner »Utopia« erinnert in der Ausstellung der von Margit Tery-Adler entworfene Einband.
Das Frühwerk der Künstlerin wurde im Krieg fast vollständig vernichtet oder ist verschollen, wie ihr Sohn Florian Adler berichtete. Aus dessen Sammlung stammt ein Teil der 60 gezeigten Arbeiten. Er finanzierte auch das Ausstellungsplakat. Die Mitglieder der Gruppe seien alle sozialistisch oder kommunistisch eingestellt und überdies noch jüdisch gewesen, das habe sich damals als besonders »unpopuläre Mischung« erwiesen, sagte Adler, dessen Mutter nur knapp dem Tod entkommen war, nachdem sie gemeinsam mit ihrem zweiten Mann, Hugo Buschmann, wegen Kontak-
ten zu Harro Schulze-Boysen und der »Roten Kapelle« verhaftet worden war
Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete Margit Tery-Adler die Werbeabteilung der Eternitwerke, die ihr Mann aufgebaut hatte. Erst mit 70 Jahren wurde sie wieder frei künstlerisch tätig. Aus dieser Zeit stammen filigrane Collagen wie das »Phantastische Gewächs« oder der »Gefiederte Schwarzmond«. Friedl Dicker, die Kindern in Theresienstadt Zeichenunterricht gegeben hat und 1944 in Auschwitz umgebracht wurde, ist vor allem mit Entwürfen für Stifters »Wiener Katakomben« vertreten, Franz Singer, der auch Möbelgestalter und Architekt war, mit Zeichnungen.
Mit der jüngsten Exposition hat das vor zwei Jahren gegründete Bauhaus-Museum einen weiteren Schritt zu seiner Profilierung getan. Allen Unkenrufen zum Trotz, die ihm keine Entwicklungsmöglichkeiten eingeräumt hatten, kann derzeit der Ankauf eines wichtigen Bildes von Feininger vorangetrieben werden. Ihm soll eine Arbeit von Klee folgen. Völlig ungeklärt ist derzeit allerdings noch die laufende Finanzierung. Das Land komme mit seiner Kultur nicht klar, verlautete aus dem Museum, das in den Wintermonaten die Öffnungszeiten verkürzen mußte, weil das Geld nicht reicht.
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