Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

»II Manifesto« schlägt Alarm

Linke Tageszeitung muß ums Überleben bangen Von Cyrus Salimi-Asi, Rom

  • Lesedauer: 2 Min.

Macht eine Mitte-Links-Regierung, wie sie in Italien derzeit existiert, eine linke Tageszeitung überflüssig?

Entweder gelingt es uns diesmal, unserer Zeitung einen Überlebenshorizont von wenigstens drei Jahren zu sichern, oder es ist besser, jetzt ehrenhaft Schluß zu machen«, schrieb Valentino Parlato, Direktor der linken italienischen Tageszeitung »II Manifesto«, vor Tagen in einem Leitartikel. Doch nach 26 Jahren publizistischer Schlachten einfach abzutreten, hält Parlato für »falsch und schädlich«. Zumal sich die italienische Demokratie an einem Scheideweg befinde: »Wir fürchten, von einer (zumindest den Worten nach) auf die Arbeit gegründeten Republik in eine (vor allem in den Fakten) auf das Privateigentum gegründete Republik hinüberzugleiten. Die parlamentarische Demokratie, die uns auch niemals befriedigt hat, droht, sich auf einen autoritären Präsidentialismus zu reduzieren«, warnte der Direktor und rief zu einer Spendenkampagne auf. Sie soll bis Jahresende 4000 neue Abonnements und umgerechnet rund 1,5 Millionen Mark einbringen. Statt wie andere Zeitungen irgendwelche Zugaben mit einem Abonnement zu verbinden, schenkt »II Manifesto« dem vertriebenen Volk der Sahrawi in der algerischen Wüste je 500 Abos eine Wasserpumpe.

Als der rechte Medienmogul Silvio Berlusconi im März 1994 die Wahlen gewann, hatte »II Manifesto« seine große Zeit. Die Redakteure schössen rhetorisches Trommelfeuer und die verkaufte Auflage stieg wie nie zuvor auf durchschnittlich 52 000 Exemplare täglich. Heute verkauft »II Manifesto« gerade noch 35 000 Exemplare. »Die Einnahmen aus Anzeigen mächen nur rund 25 Prozent unseres Umsatzes aus, gegenüber 40 Prozent und mehr bei anderen Blättern«, erläuterte Vizedirektor Riccardo Barenghi. Mittlerweile hat die Zeitung Schulden von umgerechnet mehr als 30 Millionen Mark. Ein Sanierungsplan sieht die Einsparung von jährlich drei Millionen Mark vor. Das »Manifesto«-Kollektiv hat dazu einen Personalabbau beschlossen: Nachdem in den vergangenen zwei Jahren schon 20 Angestellte gegangen sind, müssen bis Ende Januar 1998 weitere 30 ihren Platz räumen.

Der Leserschwund hat tiefere Ursachen: Erstmals seit Jahrzehnten sind progressive, linke Parteien an der Regierung beteiligt und suchen nach einer eigenen, linken Regierungspolitik. »II Manifesto« stand seit seiner Gründung im Jahre 1971 immer auf Seiten der Regierungsgegner und griff selbst die Italienische Kommunistische Partei wegen ihres Schmusekurses mit den regierenden Christdemokraten an. Mit dem Wahlsieg der Mitte-Links-Koalition »Ulivo« scheint die Zeitung für viele Leser ihre Schuldigkeit getan zu haben; die konsequent kritische Haltung von »II Manifesto« auch gegenüber einer linksorientierten Regierung können viele nicht verdauen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das beste Mittel gegen Fake-News und Rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal