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»II Manifesto« schlägt Alarm
Linke Tageszeitung muß ums Überleben bangen Von Cyrus Salimi-Asi, Rom
Macht eine Mitte-Links-Regierung, wie sie in Italien derzeit existiert, eine linke Tageszeitung überflüssig?
Entweder gelingt es uns diesmal, unserer Zeitung einen Überlebenshorizont von wenigstens drei Jahren zu sichern, oder es ist besser, jetzt ehrenhaft Schluß zu machen«, schrieb Valentino Parlato, Direktor der linken italienischen Tageszeitung »II Manifesto«, vor Tagen in einem Leitartikel. Doch nach 26 Jahren publizistischer Schlachten einfach abzutreten, hält Parlato für »falsch und schädlich«. Zumal sich die italienische Demokratie an einem Scheideweg befinde: »Wir fürchten, von einer (zumindest den Worten nach) auf die Arbeit gegründeten Republik in eine (vor allem in den Fakten) auf das Privateigentum gegründete Republik hinüberzugleiten. Die parlamentarische Demokratie, die uns auch niemals befriedigt hat, droht, sich auf einen autoritären Präsidentialismus zu reduzieren«, warnte der Direktor und rief zu einer Spendenkampagne auf. Sie soll bis Jahresende 4000 neue Abonnements und umgerechnet rund 1,5 Millionen Mark einbringen. Statt wie andere Zeitungen irgendwelche Zugaben mit einem Abonnement zu verbinden, schenkt »II Manifesto« dem vertriebenen Volk der Sahrawi in der algerischen Wüste je 500 Abos eine Wasserpumpe.
Als der rechte Medienmogul Silvio Berlusconi im März 1994 die Wahlen gewann, hatte »II Manifesto« seine große Zeit. Die Redakteure schössen rhetorisches Trommelfeuer und die verkaufte Auflage stieg wie nie zuvor auf durchschnittlich 52 000 Exemplare täglich. Heute verkauft »II Manifesto« gerade noch 35 000 Exemplare. »Die Einnahmen aus Anzeigen mächen nur rund 25 Prozent unseres Umsatzes aus, gegenüber 40 Prozent und mehr bei anderen Blättern«, erläuterte Vizedirektor Riccardo Barenghi. Mittlerweile hat die Zeitung Schulden von umgerechnet mehr als 30 Millionen Mark. Ein Sanierungsplan sieht die Einsparung von jährlich drei Millionen Mark vor. Das »Manifesto«-Kollektiv hat dazu einen Personalabbau beschlossen: Nachdem in den vergangenen zwei Jahren schon 20 Angestellte gegangen sind, müssen bis Ende Januar 1998 weitere 30 ihren Platz räumen.
Der Leserschwund hat tiefere Ursachen: Erstmals seit Jahrzehnten sind progressive, linke Parteien an der Regierung beteiligt und suchen nach einer eigenen, linken Regierungspolitik. »II Manifesto« stand seit seiner Gründung im Jahre 1971 immer auf Seiten der Regierungsgegner und griff selbst die Italienische Kommunistische Partei wegen ihres Schmusekurses mit den regierenden Christdemokraten an. Mit dem Wahlsieg der Mitte-Links-Koalition »Ulivo« scheint die Zeitung für viele Leser ihre Schuldigkeit getan zu haben; die konsequent kritische Haltung von »II Manifesto« auch gegenüber einer linksorientierten Regierung können viele nicht verdauen.
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