Am Brett ein Elefant, Madame...
Der Hallenser Hans Födisch gräbt eine historische Schachfigur wieder aus
Födisch: Der Elefant gehört einfach auch aufs Brett. Schließlich war er eine der Ur-Figuren im klassischen arabischen Schach.
Deswegen wollen Sie das Symboltier wiederbeleben?
Genau. Seit dem Mittelalter war der Elefant vom Spiel quasi »beurlaubt«, wie ich das scherzhaft nenne. Als Folge politischer Prozesse: Der Niedergang Arabiens ließ auch das orientalische »Shatranj« verschwinden. An dessen Stelle ist die heute übliche Schachversion getreten - ohne den besagten Elefanten.
Was fasziniert Sie am Elefanten?
Stärke, Intelligenz, Geradlinigkeit. Und eine solide Statur, die ihn befähigt, Blockaden zu durchbrechen; dafür ist er wie geschaffen.
Aus Sicht der Schachgeschichte hat der moderne Läufer den Elefanten abgelöst. In Ihrem »Schach 80« stehen jedoch Läufer und Elefanten einträchtig nebeneinander.
»Schach 80« soll kein Abklatsch sein von dem, was einmal war. Der alte arabische »Alfil« erreichte deutlich weniger Felder als der neue Elefant nach meinem Konzept. Das Vorbild aus dem überlieferten »Shatranj« durfte bloß auf den Schrägen zur jeweils nächstgelegenen zweiten Position trotten, konnte komischerweise dorthin nach Bedarf aber auch springen.
Ihr Elefant nähert sich dagegen dem Wirkungsgrad einer kleinen Dame an; er beherrscht nämlich die ersten beiden Felder diagonal und horizontal...
...weil der Kampfelefant seinem Wesen nach die zweitwichtigste Figur auf dem Feld ist. Wobei er sich, wenn es die Lage erfordert, über Freund und Feind mit einem Doppelschritt hinwegsetzt; das ist aber weniger ein »Springen«, sondern ein wuchtiges »Überschreiten«.
Wie lange basteln Sie schon an Ihrem »Schach 80«?
Vor drei Jahren habe ich mir die ersten Gedanken gemacht. Mittlerweile ist das Spiel unter der Nr. 40100571.2 beim Patentamt in München registriert. Die Figuren wurden in Italien angefertigt; ein paar tausend Euro stecken in dem Projekt.
Können Fans das »Schach 80« bei Ihnen auch kaufen?
Ja. Zum Preis von ungefähr 35 Euro.
Wenn sich jemand dem »Schach 80« zuwendet: Werden den Anfänger die veränderten Regeln denn nicht verwirren?
Nein. Schließlich zieht mein Elefant anders als die bisher bekannten Steine; Verwechslungen dürften da kaum möglich sein.
Ein möglicher Vorteil des Elefantenschachs: Es animiert zu neuem Denken jenseits ausgetretener Pfade.
Zweifellos: Hier kann man nicht einfach ein gängiges Lehrbuch nehmen und bekannte Züge kopieren. Ein weiteres Plus: »Schach 80« schafft gleiche Startbedingungen für alle Spieler; ich kann niemanden mit auswendig gelernten Varianten überfahren. In diesem Zusammenhang lege ich allerdings Wert auf die folgende Feststellung: »Schach 80« ist kein Gegenentwurf zum üblichen Schach, das wäre vermessen. Meine Elefanten-Variante soll die bestehende Schachfamilie bereichern, nicht mehr.
Eine der Wurzeln des Schachs liegt in Indien. Der bekannteste indische Spieler punktet für Baden-Oos in der Bundesliga: Ex-Weltmeister Viswanathan Anand. Vielleicht sollten Sie den zu einer Präsentation nach Halle einladen?
Das wäre natürlich sehr schön. Vielleicht werde ich Anand tatsächlich mal anschreiben und ihm einen Figurensatz schicken.
Oster-Schnellschachturnier »Schach 80« in Halle, 26. März ab 10 Uhr (Meldeschluss 9 Uhr); erster Preis: 350 Euro; Spielort: »Apart-Hotel«, Kohlschütterstraße 5-6; Last Minute-Anmeldungen bei Hans Födisch, Telefon: 0345/2833149, E-Mail hans_foedisch@web.de
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.