Zur Sicherung seines Informationsmonopols im »Krieg gegen den Terrorismus« setzt das Weiße Haus auf eine bewährte Methode: professionelle Public-Relations-Firmen.
Rendon Group heißt die glückliche Firma, die vom USA-Verteidigungsministerium mit einem millionenschweren Vertrag zur Aufbesserung seines öffentlichen Image beauftragt wurde. Der Deal erstreckt sich zunächst über den Zeitraum von vier Monaten und sieht vor, dass Rendon für die Washingtoner Strategen eine ansprechende Multimedia-Webseite über den Terrorismus entwirft, die öffentliche Nachrichtenberichterstattung in 79 Ländern auswertet, dort ansprechbare »Fokus«-Gruppen herausfiltert und Empfehlungen erstellt, wie die Militärs in Zukunft Antikriegs- und Antiamerika-Agitation mit Gegenpropaganda kontern könnten. Rendon wurde angeheuert, um der Welt die Luftschläge gegen Afghanistan schmackhaft zu machen.
Wenn das PR-Projekt Früchte trägt, dann wird Rendon von der CIA Folgeaufträge für ein Jahr erhalten. So steht es im Vertrag. Man habe »schnell reagieren müssen«, erklärte der im Pentagon für Propaganda und Pressekontakte zuständige Leutnant Kenneth McClellan. Denn der »Krieg gegen den Terrorismus« wird - obwohl ihm von den meisten Regierungen der Welt unverzüglich Unterstützung zugesagt wurde - von vielen Bevölkerungsschichten in jenen Ländern mit weniger Enthusiasmus mitgetragen. Vor allem in der islamischen Welt ist nach Erklärungen wie »Kreuzzug« (Präsident Bush) der Eindruck entstanden, es handele sich statt eines Anti-Terror-Krieges eher um einen Krieg gegen den Islam. Und in vielen nicht-islamischen Ländern herrscht nicht erst seit dem Afghanistan-Krieg der Eindruck, dass es den USA vielleicht doch nicht um »Freiheit und Demokratie« geht. Diese negative Haltung gilt es aus der Sicht Washingtons mit PR-Maßnahmen zu korrigieren.
Der Beschluss der USA-Behörden, ihren Anti-Terror-Krieg nicht nur mit einer internationalen Allianz, sondern auch mit zielgerichteter Öffentlichkeitsarbeit zu begleiten, ist neu - kommt aber vielleicht zu spät, wie Kritiker meinen. So hatten Präsident Bushs Sicherheitsberater nach der Ausstrahlung des ersten Osama-bin-Laden-Videos im arabischen Fernsehsender »Al-Dschasira« massiv Druck ausgeübt, um den einzigen pluralistischen Sender der Region mit seinen Millionen von Zuschauern mundtot zu machen. Was nach hinten losging. Erst als diese Frage von Marokko bis Pakistan diskutiert wurde, rang sich Bushs Stab durch, den Druck zu verringern und Regierungsbeamte wie Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und Pentagon-Chef Donald Rumsfeld zu Interviews zu entsenden. Vize-Außenminister Richard Armitage durfte nachsetzen und im indonesischen Fernseh-Sender »Metro TV« sprechen.
Dennoch sind Weißes Haus, Pentagon und Außenministerium streng darauf bedacht, die Kontrolle in der Medienberichterstattung zu verstärken - zumindest an der Heimatfront. So gilt weiterhin ausnahmslos, dass USA-Journalisten der Zugang zu Schlüsselbeamten erschwert wird. Satellitenbilder, die Kriegsschäden in Afghanistan beweisen könnten, werden im Eilverfahren vom internationalen Markt weggekauft. Die Aufforderung an die großen US-Fernsehsender, Zurückhaltung, ja Selbstzensur zu üben, wird täglich erneuert - und von den Programmdirektoren befolgt. In den Talkshows zur besten Sendezeit bestehen die »Experten«-Runden durch die Bank aus Kriegsbefürwortern, moderiert von Journalisten, die sich dem Krieg öffentlich verschrieben haben.
Nicht nur Ex-Generale oder Kalte-Kriegs-Dinosaurier wie Henry Kissinger und Oliver North geben ihre Expertisen zum Besten. CNN scheute sich nicht, den erklärten Neonazi Larry Wayne Harris (Aryan Nation) bisher 17 Mal als Experten für Bioterrorismus zu interviewen, ohne auf seine Nazi-Verbindungen hinzuweisen. Harris wird von CNN stattdessen in seiner Eigenschaft als Mikrobiologe um seine Meinung gebeten. Er war vor drei Jahren vom FBI festgenommen worden, weil er mehrere Ampullen Beulenpest im Handschuhfach seines Autos herumfuhr.
Das Pentagon hat eine »Sonderkommission Kunst und Unterhaltung« einberufen; dazu haben sich führende Hollywood-Studios verpflichten lassen. Auch für sie gilt als wichtigste Erfahrung die erfolgreiche Marketingstrategie aus der Zeit des Golfkrieges vor elf Jahren. »Operation Wüstensturm ließ nur eine Sichtweise der Schlacht zu, jene, die vom Militär zugelassen wurde«, meint der PR-Experte Eugene Secunda, Professor für Marketing. »Nach dem Irak-Krieg haben die Strategen die Kriege der Zukunft vorbereitet. Eine der wichtigsten Lehren war die Notwendigkeit, starke öffentliche Zustimmung herbeizuführen - durch ein mächtiges und streng reglementiertes PR-Programm, mit besonderem Bemühen um eine positive Berichterstattung.«
Dass ein Krieg nur mit erfolgreicher PR zu gewinnen ist - hier sieht die Firma Rendon ihren Kampfauftrag. »Wir glauben an Menschen«, heißt es in der Selbstdarstellung des in Boston und Washington beheimateten Unternehmens, es wolle »Menschen helfen, auf dem globalen Markt zu gewinnen«. Man bewundere und respektiere deshalb »kulturelle Unterschiede«. Was den Medienkritiker Norman Salomon, eine inzwischen fast einsame Stimme der Rationalität in den USA, zu der Einschätzung veranlasst hat, für einige Menschen bedeute Krieg »Terror, Katastrophe und Tod, für andere ein PR-Problem«. Während die Bomben schon routinemäßig auf Afghanistan fallen, ohne dass man wirkliche Erfolge im Kampf gegen Osama bin Laden vorweisen könnte, hat das Pentagon den PR-Krieg zuhause jedenfalls bis auf weiteres gewonnen.