Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Nachhilfe fürs Militär?

Mörderischer Suharto-Schwiegersohn bei Spezialtruppe GSG 9 ausgebildet Von Wolfgang Pomrehn

  • Lesedauer: 3 Min.

Deutsche Militär- und Polizeihilfe für Militärregimes ist mal wieder ins Gerede gekommen. Diesmal geht es um Indonesien, wo sich die Generale 1965 in einem der blutigsten Staatsstreiche dieses Jahrhunderts an die Macht putschten.

Anfang der Woche wurden Berichte indonesischer Zeitungen bekannt, nach denen Vertreter der deutschen Botschaft in Jakarta gegenüber Präsident Habibie und Oberbefehlshaber Wiranto deutsche Hilfe bei der Reform der Streitkräfte und der Polizei angeboten haben. Im Bonner Außenministerium fühlt man sich nicht zuständig, beim Verteidigungsministerium gibt man vor, von derartigen Offerten nichts zu wissen. Es habe lediglich einen Vortrag des Expräsidenten der Hamburger Bundeswehrhochschule, Generalmajor a. D Dietrich Gentschel, gegeben. Thema: »Streitkräfte in der Demokratie«. Schließlich, so Oberstleutnant Christopher Kaatz, kann es ja nicht falsch sein, wenn man auch mit Regimen im Gespräch bleibt, die man nicht so mag.

Glaubt man dem Sprecher des Verteidigungsministeriums, geht es lediglich um ein bißchen Nachhilfe in Sachen Demokratie. Ob allerdings die Gorlebener Atomkraftgegner oder die Dutzenden, die nach Angaben von Amnesty International auf deutschen Polizeistationen mißhandelt werden, seine Ansicht teilen, indonesische Polizei könne in Sachen Menschenrechte etwas von Deutschland lernen, steht auf einem anderen Blatt.

Auch die lange Tradition deutsch-indonesischer Zusammenarbeit läßt eher etwas anderes erwarten. Noch 1995 anläßlich der Hannover-Messe wurde Suharto von den Spitzen der deutschen Wirtschaft und Politik umworben. Indonesien war als »Partnerland« auserkoren, und der Diktator reiste mit großem Gefolge eigens an, um Kooperationsverträge in Milliardenhöhe zu unterzeichnen. Bundespräsident Herzog, Kanzler Kohl sowie die Ministerpräsidenten Schröder, Rau und Biedenkopf machten ihre Aufwartung.

Auch auf militärisches Gebiet erstreckte sich die Kooperation: Unter anderem erhielt Indonesien 34 Schiffe aus NVA-Beständen, darunter 15 Korvetten und zwei Frosch-II-Landungsboote. Bereits die sozialliberale Regierung Helmut

Indonesische Streitkräfte »beobachten« eine Studentendemo in Jakarta Foto: dpa

Schmidts hatte in den siebziger Jahren Lizenzen für den Bau von Hubschraubern genehmigt. 1981 gab es die erste Lieferung von U-Booten. Ab 1983 folgten zahlreiche weitere Lieferungen von Patrouillen- und Minensuchbooten, Polizei- und Militärausrüstungen sowie die Vergabe diverser Lizenzen.

Auch Ausbildungshilfe ist nichts Neues. 1981 baute das indonesische Militär mit deutscher Hilfe eine sogenannte Anti-Terror-Einheit, das Detachment-81, auf. Der vor kurzem wegen zahlreicher Morde und anderer Menschenrechtsverletzungen entlassene Suharto-Schwiegersohn Praböwo Subianto war Mitglied dieser Truppe und hielt sich für einige Zeit in Deutschland zum Training bei der GSG 9 auf. Ministeriumssprecher Kaatz' lakonischer Kommentar dazu: Man könne doch nicht dafür verantwortlich gemacht wer T den, was einer, mit dem man mal gesprochen habe, in seinem späteren Leben so anstellt. Prabowo hatte seinerzeit allerdings die ersten Terrorlektionen bereits hinter sich: 1978-79 hatte er als ehrgeiziger junger Leutnant an einer militärischen Kampagne im besetzten Osttimor gegen die dortige Guerilla teilgenommen.

Im Bundestag sind inzwischen einige Abgeordnete hellhörig geworden. Claudia Roth von den Grünen hält Ausbildungshilfe nur dann für sinnvoll, wenn die Regierung in Jakarta garantiert, daß das Militär nicht mehr gegen Demonstranten vorgeht. Bei der PDS-Fraktion erwägt man, eine Anfrage zum Thema zu stellen.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.